Die Kosten für die Nutzung der Netze treiben die Strom- und Gasrechnungen in die Höhe. Zum Jahreswechsel drohen Verbrauchern in Baden-Württemberg Preissprünge.
Strom- und Gaskunden in Baden-Württemberg müssen im kommenden Jahr tiefer in die Tasche greifen. Die EnBW-Tochter Netze BW hat mitgeteilt, die sogenannten Netzentgelte teils im zweistelligen Prozentbereich erhöhen zu wollen. Demnach steigen die Stromkosten für einen typischen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden um rund sieben Prozent.
Im Detail plant der Verteilnetzbetreiber, den Grundpreis für einen Haushaltsanschluss von 100,97 Euro auf 107,96 Euro für das kommende Jahr anzuheben, während der sogenannte Arbeitspreis von jetzt 9,10 Cent je Kilowattstunde auf 9,73 Cent steigen soll. Wesentlicher Treiber beim Strompreis seien die gestiegenen Kosten für den Netzausbau im Übertragungs- und Verteilnetz, begründet die Netze BW.
Strom und Gas werden teurer
Drastischer ist der Anstieg bei den Gebühren fürs Gas: Hier steigen die Netzkosten durchschnittlich über alle Kundengruppen hinweg um rund 25 Prozent, wie Baden-Württembergs größter Verteilnetzbetreiber weiter mitteilt. Laut dem Vergleichsportal Verivox bedeutet das für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden Mehrkosten von rund 116 Euro (brutto).
Hintergrund dieser Entwicklung ist unter anderem eine Entscheidung der Bundesnetzagentur, die den Netzbetreibern neue Abschreibungsregeln zugestanden hat. Künftig dürfen sie bereits mögliche Stilllegungen ihrer Gasnetze ab 2035 in die Berechnung einfließen lassen. In der Wärmewende wird Erdgas zum Auslaufmodell: Bis 2045 ist geplant, große Teile des Erdgasnetzes zu entfernen. Die Netzagentur will aber verhindern, dass der letzte Gaskunde irgendwann das ganze Netz bezahlt.
Netzbetreiber drehen an der Gebühren-Schraube
Netze BW beliefert rund die Hälfte der Gemeinden im Südwesten mit Strom und Gas. Wiederum beziehen Stadtwerke Energie von der Netze BW und geben diese – in der Regel samt der Kosten – an die Endverbraucher weiter. Auch andere Netzbetreiber im Land heben die Stromgebühren an: So erhöht der Verteilnetzbetreiber Stuttgart Netze die Stromnetzentgelte um etwa vier Prozent. Ein durchschnittlicher Privathaushalt in der Landeshauptstadt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden wird demnach im kommenden Jahr 56 Euro mehr zahlen als derzeit.
Die Syna, der Netzbetreiber des Energieversorgers Süwag, erhöht die Strom-Netzentgelte in großen Teilen des Rems-Murr-Kreises um fünf Prozent für Haushaltskunden. Auch im Netz des Elektrizitätswerks Mittelbaden müssen Kunden mehr zahlen: Ein typischer Haushaltskunde mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden würde mit den vorläufigen Netzentgeltpreisen im Jahr 2025 rund 395,12 Euro pro Jahr bezahlen. Das sind 5,57 Euro mehr als noch im Jahr 2024.
„Das Netzentgelt spiegelt die Kosten wider, die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Stromnetzes anfallen“, erläutert Stuttgart-Netze-Sprecher Moritz Oehl. „Insbesondere die Energiewende und die verstärkte dezentrale Einspeisung – also die Einspeisung von Strom aus vielen kleinen Quellen wie Solaranlagen und Windparks – machen den Bau und Betrieb eines Stromnetzes teurer.“
Netzbetreiber geben diese Kosten in der Regel an die Verbraucher weiter. Die Gebühren für die regionalen Verteilnetze bilden zusammen mit den Entgelten für die auch „Stromautobahnen“ genannten Übertragungsnetze den Kostenblock Netzentgelte auf der Stromrechnung. Das Strom-Übertragungsnetz in Deutschland hat eine Länge von knapp 39 000 Kilometern. Das Strom-Verteilnetz mit den Spannungsebenen darunter hat eine Länge von insgesamt rund 1,9 Millionen Kilometern.
Gebühren für „Stromautobahnen“ steigen
Die gesamten Netzentgelte einschließlich Messung und Messstellenbetrieb machen laut jüngster Strompreisanalyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gut ein Fünftel des Strom-Gesamtpreises aus. Die vier großen Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, darunter Transnet BW, hatten erst Mitte Oktober die geplante Höhe ihrer Nutzungsgebühren für die „Stromautobahnen“ im nächsten Jahr genannt. Sie sollen 2025 bei 6,65 Cent pro Kilowattstunde liegen, 3,4 Prozent höher als im laufenden Jahr (6,43 Cent pro Kilowattstunde).
Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden würde die Erhöhung eine Mehrbelastung von rund 7,70 Euro pro Jahr bedeuten. Ein Hauptgrund für den Anstieg seien gestiegene Kosten für das sogenannte Engpassmanagement, mit dessen Hilfe Überlastungen der Leitungen vorgebeugt werde. „Allein dieser Kostenblock macht inzwischen über 50 Prozent der Netzentgelte aus“, betonten die Netzbetreiber. Zweiter Faktor seien die Investitionen in den Netzausbau.
Kostenblock Netzentgelte
Infrastruktur
Netzentgelte sind ein Bestandteil des Strompreises. Energieanbieter zahlen sie für die Nutzung der Strom- und Gasinfrastruktur an die Netzbetreiber – und geben sie in der Regel an die Verbraucher weiter.
Netzentgelte
Die Entgelte für die Überland-Übertragungsnetze bilden zusammen mit den Gebühren für die regionalen Verteilnetze den Kostenblock Netzentgelte auf der Stromrechnung. Die gesamten Netzentgelte einschließlich Messung und Messstellenbetrieb machen laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) knapp 28 Prozent des Strom-Gesamtpreises aus.
Netz
Bildlich vorstellen kann man sich die Übertragungsnetze als Stromautobahnen, während die Verteilnetze als Land- oder Kreisstraßen die regionalere Verteilung übernehmen. Das Strom-Übertragungsnetz in Deutschland hat eine Länge von knapp 39 000 Kilometern. Das Strom-Verteilnetz mit den Spannungsebenen darunter hat eine Länge von insgesamt rund 1,9 Millionen Kilometern.