Auf dem Rückflug findet Papst Franziskus klare Worte für das, was die Kirche und Kanada mit den Indigenen taten. Foto: dpa/Johannes Neudecker

Sechs Tage lang reist Franziskus durch Kanada, um sich bei den Ureinwohnern für Taten Kirchenbediensteter zu entschuldigen. Auf dem Rückflug äußert er sich auch zu seiner Zukunft.

Papst Franziskus hat auf seinem Rückflug von Kanada nach Rom weiterhin einen Rücktritt als Oberhaupt der katholischen Kirche nicht ausgeschlossen. Er wolle wegen seiner gesundheitlichen Beschwerden weniger reisen oder andernfalls „beiseite“ treten. „Ich glaube nicht, dass ich das gleiche Reisetempo wie zuvor beibehalten kann“, sagte das 85-jährige Kirchenoberhaupt. Gerade denke er zwar nicht daran, sein Amt niederzulegen, aber das heiße nicht, dass er damit nicht übermorgen anfangen könne, erklärte der Argentinier. „Ganz ehrlich, das ist keine Katastrophe. Man kann den Papst wechseln.“

Sein Knieproblem könnte mit einer Operation gelöst werden, doch Franziskus will sich nach dem vergangenen Eingriff vor etwas mehr als einem Jahr an seinem Dickdarm nicht nochmal unters Messer legen. „Das ganze Problem ist die Anästhesie.“ Diese habe beim letzten Mal bis heute Spuren hinterlassen, sagte der Pontifex. „Mit einer Anästhesie spielt man nicht.“ Reisen will Franziskus nach eigenen Worten trotzdem weiter unternehmen. Man müsse diese nur vielleicht etwas kleiner planen, erklärte er.

Umgang mit Indigenen in Kanada war „Völkermord“

In Kanada besuchte er seit Sonntag die Ureinwohner des Landes, um bei ihnen um Vergebung dafür zu bitten, dass jahrzehntelang Bedienstete an von der Kirche geführten Internaten Ureinwohner-Kinder erniedrigten, von ihrer Kultur entfremdeten und missbrauchten. Papst Franziskus hat die Auswirkungen dieses staatlich-kirchlichen Internatssystems auf die indigene Bevölkerung in Kanada als Völkermord bezeichnet. Er habe zwar das Wort „Genozid“ nicht benutzt, ihn aber beschrieben, erklärte er am Samstag vor Journalisten auf dem Rückflug von Kanada. Weiter habe er um Vergebung gebeten, für diese „Operation“, die ein Völkermord sei.

Vor knapp über einem Jahr machte der Fund von mehr als 200 anonymen Kindergräbern nahe eines ehemaligen Internats weltweit auf das Schicksal der Ureinwohner aufmerksam. Hunderte, manchen Schätzungen zufolge sogar bis zu 6000 Kinder starben unter den Bedingungen in den Schulen, in denen Krankheiten und Hunger herrschten.

1876 erließ die kanadische Regierung den sogenannten Indian Act, mit dem die Kinder indigener Völker in Internaten an die westliche Kultur angepasst werden sollten. Ungefähr 150 000 Ureinwohner-Kinder waren Schätzungen zufolge in den landesweiter verteilten Einrichtungen untergebracht. Die Kirche trug das Programm mit, übernahm für einen Großteil der Internate die Leitung, bis der Staat ihr diese Ende der 1960 Jahre entzog. Die letzte Einrichtung schloss 1996.

Papst Franziskus bittet um Vergebung

Papst Franziskus zum Umgang mit den Ureinwohnern Kanadas: „Es ist wahr, es war Völkermord.“ Der Papst reagierte damit auf Kritik von kanadischen Indigenen, die verärgert waren, weil Franziskus die Taten der Kirche nicht als kulturellen Genozid bezeichnete. Dieses Urteil fällte der Abschlussbericht der staatlich eingerichteten Kommission für Wahrheit und Versöhnung, die sich mit dem Missbrauch und der Gewalt an den Internaten beschäftigte. Mittlerweile wird nur noch von Genozid gesprochen.

„Es stimmt, das Wort wurde nicht gebraucht, aber ich habe den Genozid beschrieben, und ich habe um Entschuldigung und Vergebung gebeten“, rechtfertige sich Franziskus. Genozid sei ein Fachbegriff, aber er habe ihn nicht gebraucht, weil ihm das nicht in den Sinn gekommen sei. Franziskus bat bereits um Vergebung, als Vertreter der Métis, First Nations und Inuit Ende März bei ihm im Vatikan waren. Sie wollten aber, dass der Papst sich auf ihrem Grund und Boden in Kanada erneut entschuldigt. Papst Franziskus kam in den vergangenen sechs Tagen dieser Forderung nach einer Vergebungsbitte der Kirche für ihre Rolle bei Indigenen-Internaten nun nach. Auf der Reise machte er Halt im westkanadischen Edmonton, in Québec im französischsprachigen Osten des Landes und in Iqaluit im hohen Norden, wenige Hundert Kilometer vom Polarkreis entfernt.