Drei Wochen residierte die belgische Mannschaft in Ludwigsburg und Freiberg. Bei der Ankunft enttäuschten die Kicker noch die Einheimischen. Dann eroberten sie aber nach und nach deren Herzen.
Vor drei Wochen kam die belgische Nationalmannschaft für die EM im Schlosshotel Monrepos an – und startete holprig. Rund 50 Kinder hatten sich damals vor dem Hotel versammelt, schwenkten Fahnen und jubelten der Mannschaft zu. Die Spieler ließen die Kinder damals stehen und verschwanden im Hotel, ohne sich für das herzliche Willkommen zu bedanken. Die Kritik der deutschen und belgischen Medien folgte prompt und damit auch die Frage, ob die Mannschaft der Region über die kommenden Wochen etwas zurückgeben kann.
Am Montagabend ist das Team von Trainer Domenico Tedesco gegen Frankreich ausgeschieden, das Ende des Abenteuers „Basecamp-City Ludwigsburg“. Nach der Abreise schwärmen die Verantwortlichen aus Freiberg und Ludwigsburg von dem Team und den belgischen Mitarbeitern. Der Besuch hat positive Spuren hinterlassen – da sind sich alle einig.
Um halb ein Uhr in der Nacht kehrte die belgische Mannschaft von ihrer Niederlage im EM-Achtelfinale aus Frankfurt zurück ins Schlosshotel. „Die Spieler waren sehr geknickt, das ging denen auf jeden Fall nahe“, sagt der stellvertretende Hoteldirektor Marcos Angas. Am Dienstagmorgen sei der Großteil des Teams abgereist, das Ende einer der „besten Zeiten, die ich hier hatte“, sagt Marcos Angas.
Die Hotelmitarbeiter und die belgische Mannschaft hätten „menschlich zueinandergefunden“ und sich sehr gut verstanden. „Einige Spieler und Mitarbeiter haben sich sogar entschuldigt, dass sie schon abreisen müssen“, sagt Angas. Andere hätten gesagt, dass es der schönste Hotelaufenthalt der vergangenen Turniere gewesen sei. „Klar, in Katar gab es Marmor und Gold, wir haben aber mit Menschlichkeit überzeugt“, sagt Angas.
Belgier machen Freiberger Tennisspieler froh
Gegen Ende ihres Aufenthalts trauten sich die Spieler häufiger vor die Tür und schienen sich immer wohler zu fühlen. Vier Spieler, darunter Kevin De Bruyne, gaben beispielsweise am Samstag vor dem Schloss Monrepos Autogramme und standen für Fotos bereit.
Auch in Freiberg am Neckar bleiben gute Erinnerungen an die Belgier. Vor drei Wochen startete die Mannschaft ihr EM-Training im Freiberger Wasen-Stadion mit einer öffentlichen Einheit vor fast zweitausend Menschen – Volksfeststimmung in der 16 500-Einwohner-Stadt. „Für uns war das toll, die Mannschaft begrüßen zu dürfen“, sagt Stefan Kegreiß, erster Beigeordneter der Stadt Freiberg und hauptverantwortlich für die Zusammenarbeit mit dem belgischen Verband.
Es seien intensive Wochen gewesen, die sich aber gelohnt hätten. Das Trainingsgelände sei vielfach gelobt worden, außerdem sei dank der belgischen Greenkeeper das Stadion und ein Trainingsplatz in einem hervorragenden Zustand. „Unsere Fußballer des SGV werden sich freuen.“
Auch eine Tennishalle des TC Freiberg gehörte zum Gelände der Belgier, diese fungierte als Medienzentrum des belgischen Verbandes – Treffpunkt der nationalen und internationalen Presse. Es habe sich eine Beziehung zu den Medienmitarbeitern, dem belgischen Verband und den Nationalspielern aufgebaut, sagt der TC-Vereinsvorsitzende Klaus Killian. Vereinzelt seien Spieler vorbeigekommen, um den Kinder Autogramme zu geben. Jugendspieler durften einmal bei einer Pressekonferenz dabei sein und einige Reporter hätten auf den Plätzen des TC Freiberg Tennis gespielt. „Wir haben dann noch extra einen Wimpel bestellt, den wir den Belgiern mitgegeben haben“, sagt Killian.
Hotel lockt mit Schnäppchen
Auch die Tourismusbehörde der Stadt Ludwigsburg bestätigt: Die Belgier haben der Region etwas zurückgegeben. „Mit Blick auf die Publicity sind wir sehr zufrieden“, sagt Elmar Kunz, Geschäftsführer Tourismus & Events Ludwigsburg. Über den Instagram-Account des belgischen Verbands (1,2 Millionen Follower) habe es zahlreiche Posts und Storys mit der Ortsangabe „Ludwigsburg“ gegeben. Auch die belgische Presse hätte sich lobend über Ludwigsburg und die Region geäußert, sagt Kunz.
Zurück zum Schlosshotel, das nach drei Wochen Ausnahmezustand von einen Tag auf den anderen leer steht. Das sei halb so wild, man sei ja darauf vorbereitet gewesen, sagt Hoteldirektor Felix Sommerrock. Das Hotel versucht nun mit Schnäppchenangeboten Gäste anzulocken. Obwohl jetzt wohl zwei schlechtere Betriebswochen folgen werden, die Renovierungen, der neue Pool und das Marketing durch den Besuch der Belgier sei ein nachhaltiger Effekt, sagt Sommerrock. „Es war eine einmalige Sache, und wir sind jetzt rundum zufrieden.“