Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) trainieren den Häuserkampf Foto: dpa/Kay Nietfeld

Kaum hat er sein Amt als neuer Calwer Oberbürgermeister angetreten, muss sich Florian Kling mit Hiobsbotschaften aus dem Kommando Spezialkräfte befassen. In der Bundeswehr kennt er sich bestens aus – als früherer Offizier und „kritischer Soldat“.

Calw - Der Dienstbeginn des neuen Calwer Oberbürgermeisters Florian Kling hatte es in sich: Am Wochenende wurde die Calwer Bundestagsabgeordnete Saskia Esken zur designierten Co-Chefin der SPD gewählt – und das Kommando Spezialkräfte (KSK) ist wegen rechtsextremistischer Umtriebe erneut bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Ein Unteroffizier mit Feldwebellaufbahn könnte daher noch diese Woche aus dem Dienst entfernt werden – zwei Stabsoffiziere stehen ebenso unter Verdacht.

Für Florian Kling ist dies eine besondere Konstellation. Denn er war nicht nur zwölf Jahre Offizier bei der Bundeswehr und ist jetzt Hauptmann der Reserve. Er hat auch von 2013 bis Oktober diesen Jahres als Sprecher des Arbeitskreises Darmstädter Signal fungiert. Dabei handelt es sich um einen in der Truppe einzigartigen Zusammenschluss kritischer aktiver und ehemaliger Soldaten – eine Art Stachel im Fleisch der Truppe. Somit hat er einen speziellen Blick auf die neuen Rechtsextremismusvorwürfe. „Ich bin froh, dass es die Bundeswehr selbst herausgefunden hat“, sagte der 32-Jährige unserer Zeitung. „Es ist kein Skandal, wenn sie eigenständig ihre Probleme bekämpft.“

Kling ist SPD-Mitglied, stellte sich aber als unabhängiger Kandidat zur Wahl. Als KSK-Kritiker hat er sich nie verstanden. In seiner neuen Rolle will er auf das Kommando Spezialkräfte zugehen: „Wir sind als Stadt auch stolz darauf, dass die Spezialkräfte hier stationiert sind“, sagt Kling. In sicherheitspolitischen Kreisen sei bundesweit bekannt, wo die Eliteeinheit stationiert sei. In der Stadt selbst sei vielen dies weniger bewusst, denn die Bürger bekämen vom KSK kaum etwas mit. „Es wäre schön für einen Oberbürgermeister, zum KSK eine andere Beziehung zu haben, als nur in der Zeitung über Skandale zu lesen“, betont er. „Ich habe den Anspruch, ein gutes Verhältnis zur Kaserne zu haben und den Austausch zwischen Stadt und Garnison zu verbessern.“

Das KSK soll auch mal eine Gulaschkanone aufbauen

Er erwarte daher, „dass die Bundeswehr sichtbarer wird“. Dies werde er dem Kommandeur, Brigadegeneral Markus Kreitmayr, beim geplanten Antrittsbesuch im Dezember auch sagen. Die Einheit führe ein verdecktes militärisches Leben, aber ein großer Teil ihrer Soldaten arbeite nicht im Geheimen. „Warum sollen die nicht beim Stadtfest eine Gulaschkanone aufbauen?“, meint das Stadtoberhaupt. Er wolle eine Bundeswehr in der Gesellschaft. „Nur wenn man das erreicht, kann man solchen Problemen wie Abschottung, übertriebenem Korpsgeist und letztendlich Rechtsextremismus begegnen.“ Wie wichtig die Bereitschaft der Bundeswehr zum Dialog sei, habe er auch als Soldat erkannt. „Die Truppe muss Gesicht zeigen.“

Er habe Lust darauf, in eine Zusammenarbeit zu kommen. Und beim KSK, hat Kling schon vernommen, freut man sich offenbar, dass der OB eine Verbindung zur Bundeswehr hat. „Vorbehalte gibt es garantiert auch, aber dagegen muss ich dann anarbeiten“, sagt der vormals kritische Soldat.

MAD richtet spezielle Einheit ein

Klar ist, dass er sich auch mit rechten Netzwerken in der Bundeswehr schon früher intensiv beschäftigt hat. Mit jeder neuen diesbezüglichen Hiobsbotschaft verdichten sich die Hinweise, dass einzelne KSK-Soldaten Teil solcher Kreise sind. Zumindest die Teilnahme an einschlägigen Chat-Gruppen etwa wurde schon nachgewiesen. Mit immer größerer Intensität schaut auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) auf derartige Verbindungen. Dort wurde bereits eine spezielle Arbeitsgruppe „gerade mit Blick auf das KSK eingerichtet“, wie die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bekannt machte. Die CDU-Politikern kündigte eine harte Gangart an: Jeder, der in irgendeiner Weise radikal bei der Bundeswehr auffalle, habe dort keinen Platz mehr – dies gelte „insbesondere für das KSK“.

Gegen den Unteroffizier, der mehrmals in Afghanistan war, liefen seit Monaten nachrichtendienstliche Ermittlung. Weil jedoch Informationen dazu an die Öffentlichkeit gelangten, wurden die dienstrechtlichen Schritte offen eingeleitet. Zwei Stabsoffiziere sollen auf einer privaten Feier des Unteroffiziers den Hitlergruß gezeigt haben – der eine wurde schon suspendiert, der andere wird vom MAD als Verdachtsfall geführt. Auffällig ist, dass laut dem Abschirmdienst von etwa 500 Prüfverfahren, die derzeit gegen Bundeswehr-Angehörige im Bereich Rechtsextremismus laufen, 20 Verdachtsfälle das KSK betreffen. Demzufolge ist die Spezialeinheit mit ihren 1100 Angehörigen im überproportionalen Maße davon tangiert.