Die „Baden-Württemberg“ braucht etwa 24 Stunden, um die Straße von Taiwan zu passieren (Archivbild). Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Die Bundeswehr fährt mit zwei Kriegsschiffen durch die Straße von Taiwan. Deutschland will damit ein Zeichen für freie Seewege setzen – und stößt China vor den Kopf.

Am Freitagmorgen gab es Gewissheit. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bestätigte in Berlin, dass die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ zusammen mit dem Versorgungsschiff „Frankfurt“ die Straße von Taiwan durchfahren werde. In den Tagen zuvor hatte man dies schon erahnen können: Auf Webseiten wie „Vesselfinder“, wo man die Position von Schiffen auf den Weltmeeren verfolgen kann, konnte man sehen, dass beide Schiffe nach der Abfahrt aus dem südkoreanischen Incheon Kurs auf die Straße von Taiwan nahmen.

Am Freitag sagte Pistorius dann: „Internationale Gewässer sind internationale Gewässer. Es ist der kürzeste und angesichts der Wetterlage auch der sicherste Weg. Also fahren wir durch.“ Auch wenn Wetter und Reiseroute eine Rolle gespielt haben mögen – es geht um mehr. Die deutsche Regierung hat mit der Durchfahrt ein Zeichen gesetzt. Dass sie China verärgert, nimmt sie in Kauf.

Die Straße von Taiwan gehört zu den konfliktgeladensten Seegebieten der Welt. An der engsten Stelle trennen Festlandchina und die Republik Taiwan 130 Kilometer. Die meisten Länder der Welt betrachten diesen Teil des Meeres als internationales Gewässer. Laut dem Seerechtsübereinkommen gehören Seegebiete außerhalb der 12-Meilenzone nicht mehr zum Hoheitsgebiet der angrenzenden Staaten. Diesem Abkommen ist auch die Volksrepublik China beigetreten. Doch China betrachtet Taiwan gleichzeitig als abtrünnigen Teil seines Staatsgebietes und droht offen damit, die demokratisch regierte Insel mit Waffengewalt zu erobern. Immer wieder hält China Manöver in der Nähe der taiwanesischen Hoheitsgewässer ab. Umgekehrt durchqueren immer wieder Kriegsschiffe oder Flugzeuge der USA oder Frankreichs die Straße von Taiwan, um ein Zeichen gegen die Bestrebungen Chinas und für die Freiheit der Meere zu setzen. Nun auch zum ersten Mal seit 22 Jahren Kriegsschiffe aus Deutschland. Noch im vergangenen Jahr hatte die Fregatte „Bayern“ die Taiwanstraße lieber gemieden.

Die „Baden-Württemberg“ und die „Frankfurt“ sind Teil des diesjährigen Indo-Pazifischen Engagements der Bundeswehr. Damit wolle man laut Angaben des Verteidigungsministeriums „Flagge in der Region zeigen“. Beide Schiffe waren zuvor in den USA und nahmen an einer Militärübung nahe Hawaii teil. Auch die Besuche verschiedener Häfen entlang der Route seien dafür gedacht, um internationale Beziehungen mit Partnerländern zu vertiefen. „Deutschland setzt sich für die freie Schifffahrt ein“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin. Der freie Seeweg durch die Taiwanstraße werde nun genutzt und das Recht auf freie Schifffahrt damit unterstrichen. China sei nicht vorab informiert worden. Das sei „weder vorgesehen noch nötig“.

In Peking zeigte sich die Regierung verärgert über das deutsche Vorgehen. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte, China lehne Drohungen von Staaten gegen die Souveränität und Sicherheit Chinas unter dem Deckmantel der Schifffahrtsfreiheit ab.

Die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, begrüßte die Durchfahrt der beiden Schiffe durch die Meeresstraße. „Gerade in diesen Zeiten braucht es ein klares Bekenntnis zur Freiheit der Seewege. Es würde daher mehr Fragen aufwerfen, wenn die Straße von Taiwan bewusst umfahren werden würde. Es ist richtig, mit einer souveränen Selbstverständlichkeit diese Route zu wählen.“ Eine solche Entscheidung sei auch nicht ungewöhnlich, da viele unserer Partner dies schon seit Jahren tun. „Zahlreiche Staaten im Indopazifik begrüßen dies auch ausdrücklich“, sagte Brugger.

Zaklin Nastic, verteidigungspolitische Sprecherin des Bündnis Sahra Wagenknecht im Bundestag, sagte, mit der Durchfahrt offenbare die Bundesregierung „ihre völlig verantwortungslose, auf Eskalation ausgerichtete Außenpolitik“.

Laut Verteidigungsministerium brauchen die „Baden-Württemberg“ und die „Frankfurt“ rund 24 Stunden, um die Straße von Taiwan zu durchfahren. Der nächste Stopp ist Manila auf den Philippinen.