Das benötigen die Schüler nach den Ferien: Schreibwaren bei Schreibfant in Degerloch, zusammengestellt nach den Empfehlungen der Schulen. Foto: Armin Friedl

Viele traditionelle Einzelhändler schließen, bei den Papierwaren läuft es indessen konstant gut: So eröffnet beispielsweise nun ein Laden in Dürrlewang. Auf der Suche nach dem Geheimrezept des Geschäftsmodells.

Sich in aller Ruhe hinsetzen, den Gedanken ihren Lauf lassen und davon einige niederschreiben, auf einem werthaltigen Papier mit einem guten Stift – das sind Szenen, die in den Corona-Jahren wieder an Bedeutung gewonnen haben. Und das gibt offenbar jenen Geschäften Auftrieb, die vor allem Schreibwaren und hübsches Drumherum anbieten.

In Zeiten, in denen traditionsreiche Einzelhändler eher eine Schließung als eine Neueröffnung verkünden, scheinen Geschäfte eine Ausnahme zu sein, die mit Briefpapier, Stiften und Co. handeln. Ein Beispiel für eine Neueröffnung: In Dürrlewang gibt es von September an eine Filiale von Papier Universum aus Stuttgart-Vaihingen.

Neues Geschäft an vertrautem Platz

Diesem Schritt sind dennoch viele Überlegungen vorausgegangen: „Das Geschäft in Dürrlewang ist kleiner mit 100 Quadratmetern Verkaufsfläche, in Vaihingen haben wir etwas mehr als 300 Quadratmeter“, so die Geschäftsführerin Klaudija Vasic. Aber die Adresse an der Osterbronnstraße 56 in Dürrlewang sei bestens eingeführt als Schreibwaren Katz. Von 1966 an hatte das Ehepaar Katz diesen Laden betrieben, jetzt haben die beiden altersbedingt aufgehört.

„Die Leute kommen vorbei, sehen uns beim renovieren und wollen wissen, was da rein kommt“, erzählt Vasic. „Dass es da wieder Schreibbedarf gibt, kommt sehr gut an.“ Das Ladeninnere wird komplett neu eingerichtet. Im Prinzip gebe es dort von dieser Woche an all das, was es auch in Vaihingen bei Papier Universum gibt, nur sei die Auswahl halt kleiner. „In Vaihingen haben wir etwa 15 Kartenständer, in Dürrlewang werden es wohl fünf sein“, erläutert Vasic.

Hier zählt die gute Beratung

Die Auswahl ist das eine. Was in dieser Branche aber noch mehr zählt, ist die individuelle Beratung. Das bestätigt Vasic: „Wir haben etwa 40 000 Artikel im Angebot.“ Hier zählt jeder Buntstift. Für das Verkaufspersonal sei das eine Herausforderung: „Bis sich da jemand wirklich gut auskennt, dauert es schon zwei Jahre“, so Vasic. Ein Internet-Auftritt gehört auch dazu, bestellen kann man dort allerdings nichts. Und daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern: „Die Leute wollen die Produkte konkret sehen, fühlen und vergleichen. Und eben nicht bestellen und dann wieder zurückschicken“, so die Erfahrungen von Vasic.

Auch Schreibfan t hat inzwischen mehrere Filialen: Den ersten Laden gibt es sei 2002 in Degerloch, zu Jahresbeginn 2020 wurde der inzwischen fünfte Ableger in Göppingen eröffnet. Die Zentrale ist in Bad Cannstatt geblieben, hervorgegangen aus Papier Puschmann am Marktplatz, 2006 ins Einkaufszentrum Carree umgezogen. Bevor die Geschäftsführerin Kathrin Winter das Loblied auf ihre Branche singt, macht sie darauf aufmerksam, dass auch in diesem Bereich Traditionsgeschäfte schließen mussten, in der Stuttgarter Innenstadt, etwa Haufler oder Rehn. „Wir gehen da hin, wo unsere Kunden sind“, beschreibt Winter das Firmen-Motto, „und das hat bisher gut funktioniert, aber da muss man demütig bleiben“. Gerne würden Traditionsunternehmen übernommen werden wie im Falle von Göppingen.

Spezialabteilung für Schulranzen

Das Warenangebot ist vergleichbar mit dem von Papier Universum in Vaihingen und Dürrlewang, auch die angestrebte Ladengröße von 300 bis 400 Quadratmeter. Das sind übrigens Filialgrößen, wie sie etwa der Buchhändler Osiander mit seinen Filialen rund um Stuttgart anpeilt: groß genug, um eine große Auswahl an Produkten zeigen zu können, aber nicht zu groß, um unübersichtlich zu wirken. Und groß genug, um gute Beratung anbieten zu können.

Was sich Schreibfant leistet, ist eine Spezialabteilung für Schulranzen. Aktuell nimmt deshalb der Schulbedarf einen großen Platz in der Degerlocher Filiale ein: Spiralhefte, gebundene Hefte, liniert, kariert, in den verschiedenen Farben – die Schulen haben dazu für die Schüler und Eltern Listen erstellt, was sie konkret erwarten zum Start nach den großen Ferien. Dasselbe gilt für Stifte und Füller. Und Schreibfant weiß erfahrungsgemäß, was da gefragt ist.

Die Wiederentdeckung der Kreativität

Anderes wie die Auswahl an Geschenkpapier und -schleifen rückt in Degerloch also derzeit etwas in den Hintergrund, doch Winter sagt wie Vasic: Die Menschen hätten wieder mehr übrig für die eigene Kreativität. Die einen schreiben, die anderen malen. „Die Anfragen haben sehr zugenommen nach Mandala-Malformen“, sagt Winter. „Auch im Computer-Zeitalter lernt jeder das Schreiben mit der Hand, die Schönschrift auf einem Blatt Papier. Und die Grußkarten begleiten uns von der Geburt bis zum Tod“.