Die OB-Sprecherin Susanne Kaufmann hat fast 300 000 Euro in ein Videostudio investiert. Der Weg für professionelle Grußworte und Videos in eigener Sache ist frei. Die Fraktionen müssen noch draußen bleiben – es fehlt am Personal.
Die Parteien AfD und Die Linke haben im Bundestagswahlkampf erfolgreich auf die sozialen Medien gesetzt. Dank Instagram und Tiktok erzielten sie mit ihren Videoschnipseln große Reichweiten, vor allem beim jungen Publikum. Die Voraussetzung für professionelles Auftreten ist allerdings eine professionelle Infrastruktur. Weil die Stuttgarter Stadtverwaltung in dieser Hinsicht bisher blank war, hat die Sprecherin von OB Frank Nopper (CDU), die ehemalige SWR-Redakteurin Susanne Kaufmann, nun im Rathaus ein Videostudio einrichten lassen.
Ein geheimnisvoller Raum
Dieser Raum war von einer geradezu mystischen Aura umgeben. Einige Stadträte rätselten über den Standort (im zweiten Stock der Rathauspassage) und wollten von einem mit „Millionenaufwand“ erstellten Sendestudio mit Direktleitung zum SWR gehört haben, in dem OB Frank Nopper (CDU) und seine medienaffinen Söhne künftig die Tage und Abende verbringen würden, um Reden aufzuzeichnen und Social-Media-Clips zu produzieren.
Susanne Kaufmann gewährte nun anlässlich einer Präsentation vor Mitarbeitern Einblick in die heilige Halle. Darunter befand sich auch der Sprecher der Berufsfeuerwehr, Daniel Anand, der prompt als Aushilfsmoderator verpflichtet wurde, vor Publikum einen Text vom Teleprompter abzulesen. Kaufmann stellte unmissverständlich fest: „Eingerichtet wurde kein Fernsehstudio, sondern ein kleines Videostudio im Rahmen und zur Erfüllung unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags zur Öffentlichkeitsarbeit.“ Weder der Oberbürgermeister noch seine Familie hätten die Einrichtung angeregt. „Die Idee stammt einzig und allein von mir.“
In diesem kleinen Studio würden nun vermehrt Videos für die eigene Kommunikation aufgezeichnet, insbesondere für Social Media, für stuttgart.de (Youtube) und für die interne Kommunikation. Parallel zum steigenden Bedarf an eigenen Videos würden auch immer mehr Videogrußworte angefragt. Neben OB Frank Nopper seien die Bürgermeisterinnen Alexandra Sußmann und Isabel Fezer sowie der Erste Bürgermeister Fabian Mayer aktiv.
Da das Bewegtbild immer wichtiger werde, baue die Stadt ihre Videoproduktion seit einigen Jahren kontinuierlich aus. Die Entscheidung zur Einrichtung eines Videostudios im Rathaus sei während der Pandemie gefallen. Anfang 2022 sei sie in Kontakt mit dem Digitalen Amt getreten, um auch dort Bedarfe zu ermitteln und einen unsinnigen Aufbau doppelter Technik zu vermeiden, sagte Kaufmann.
Liveschaltungen in Fernsehstudios möglich
Der Betrieb laufe nun an, zuletzt habe Bürgermeister Clemens Maier dort vor der grünen Wand, die einen passenden Hintergrund ermöglicht, zur Bundestagswahl aufgerufen. Auf Instagram findet man auch „Takes“ mit den scheidenden Mitgliedern des Jugendrats für die Begrüßung der Nachfolger. Der Raum diene der Verwaltung auch als Fotostudio – dafür hat man nun auch einen Fotografen engagiert. Außerdem könnten Zuschaltungen zu Fernsehsendungen für Interviews vorgenommen werden. Nopper hätte also schon viel öfter Interviews geben können, allein Zeitgründe hätten dagegengesprochen, denn in Stuttgart biete, so Kaufmann, nur Regio TV ein Studio zur Miete an. Aber die Rathausspitze habe keine Zeit, um für eine kurze Aufzeichnung, die in der Rathauspassage zehn Minuten dauert, quer durch die Stadt ins Cannstatter Römerkastell zu fahren.
In der „digitalen Rathaus-Steinzeit“, die Ende 2024 endete, konnten keine Social-Media-Formate produziert werden. Man behalf sich mit der Anmietung eines externen Studios oder sagte Anfragen eben ab. Professionelle Videogrußworte zu produzieren, „die einer großen Landeshauptstadt angemessen“ seien, hätten eine Herausforderung dargestellt, sagt Kaufmann.
Fast 300 000 Euro Kosten
Susanne Kaufmann ist es wichtig, den Raum für die ganze Stadtverwaltung zu öffnen. Das vorhandene Personal lasse vorerst aber nur zweimal wöchentlich eine Stunde Betrieb zu. Damit auch die Fraktionen von der Investition von rund 289 000 Euro aus dem Etat der Kommunikationsabteilung (inklusive Restmittel aus den Coronajahren) profitieren– der Gemeinderat muss einem solchen Vorhaben erst ab 300 000 Euro zustimmen –, müssten sie zumindest eine halbe Stelle genehmigen.