Welche Lademöglichkeiten es braucht, daran scheiden sich die Geister. Foto: dpa/Martin Schutt (Archiv)

Steinheim stockt die Zahl der E-Tankstellen auf. Dass dabei vornehmlich Langsamlader gebaut werden, halten einige Stadträte für überholt. Das sehen Experten aber anders.

Die Zahl der E-Autos auf Deutschlands Straßen wächst rapide, während der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit dieser Entwicklung aktuell nicht Schritt halten kann. Einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Situation leistet nun die Stadt Steinheim. Der Gemeinderat hat entschieden, vier neue Elektrotankstellen à zwei Andockpunkten installieren zu lassen. Ein Beschluss, der allerdings nur mehrheitlich gefasst wurde und hinter dem nicht jeder mit voller Überzeugung stand. Denn es gab auch Kritik, und zwar daran, dass fünf der acht Stromanschlüsse auf AC-Basis mit einer vergleichsweise geringen Leistung von 22 Kilowatt (KW) funktionieren sollen.

Die Sorge, auf eine veraltete Technik zu setzen

Timo Renz, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, hielt das für einen Anachronismus. „Was wir hier installieren, ist, spätestens bis es dasteht, eigentlich schon veraltet“, erklärte er. Die Ladeleistung sei zu gering, um damit ein modernes Elektrofahrzeug in kurzer Zeit vollzutanken. Schließe man sein Auto an die Zapfsäule an, erledige dann beispielsweise einen Einkauf in der Stadt und kehre zum Parkplatz zurück, sei der Wagen nur in geringem Maße mit frischer Energie versorgt.

Bürgermeister Thomas Winterhalter macht auf Nachfrage keinen Hehl daraus, dass sich auch die Verwaltung grundsätzlich einen größeren Anteil an schnelleren Ladesäulen hätte vorstellen können. Aber der Förderantrag, den die Stadt zur Anschaffung der Stromtankstellen gestellt und der ihr auch bewilligt wurde, sei „nach interner und externer Beratung“ auf diesen Mix mit nun fünf AC- und drei DC-Punkten mit 50 KW Leistung zugeschnitten worden. „Man muss auch sagen, dass Schnellladesäulen wesentlich teurer gewesen wären. Und es ist aufwendiger, dafür entsprechende Netzanschlüsse bereitzustellen“, erklärt der Steinheimer Rathauschef.

Im Übrigen könnten manche Automodelle die hohen Ladeleistungen noch gar nicht verarbeiten. „Und wenn man da ein oder zwei Stunden steht, kann man ein Auto durchaus tanken und neue Reichweite generieren“, sagt Winterhalter mit Blick auf die AC-Punkte.

Fachleute schätzen die Lage ähnlich ein. „Wir brauchen nach wie vor auch AC-Ladesäulen“, konstatiert Christian Schäfer, Abteilungsleiter Mobilität und Technik beim ADAC Württemberg. „Angestrebt wird ja, dass sich im Bundesschnitt zehn Elektrofahrzeuge einen Ladepunkt teilen. Momentan kommen aber 16 bis 18 E-Autos auf einen Ladepunkt. Jede AC-Säule schafft also Entlastung“, erklärt er. Davon abgesehen würden die Stromtankstellen im öffentlichen Raum eher dazu genutzt, die Batterie ein Stück weit aufzuladen, um den Akku abends zuhause dann auf das Endlevel zu bringen. „Es gibt auch Fahrer, die sich sicherer fühlen, wenn die Batterie einen bestimmten Ladegrad nicht unterschreitet. Für diejenigen reicht eine Ladeleistung von 22 KW ebenfalls aus“, sagt Schäfer.

Die Zukunft werde freilich noch mal anders aussehen. Dann verlagere sich das Zapfen von Strom zu den klassischen Tankstellen hin, wo Säulen mit hoher Leistungsfähigkeit installiert würden, prognostiziert Schäfer. Außerdem könne man davon ausgehen, dass in dicht besiedelten Wohngegenden wie in Stuttgart Areale mit 25 bis 30 Schnellladepunkten geschaffen werden, an denen man das Auto volltanken und anschließend vor der Haustür abstellen könne. „In ländlichen Gegenden, wo das E-Fahrzeug in der eigenen Garage geladen werden kann, ist eine Wallbox aber im Prinzip völlig ausreichend“, sagt der ADAC-Mann Schäfer.

Ladepunkte in Parkhäusern bündeln

Dass in der Gegenwart die 22-KW-Säulen ein elementarer Baustein für die Ladeinfrastruktur sind, hebt auch das Landes-Verkehrsministerium hervor. „An Standorten, an denen Fahrzeuge üblicherweise sowieso längere Standzeiten haben, sind niedrigere Ladeleistungen vollkommen ausreichend“, betont die Pressesprecherin Wenke Böhm. Für die Elektromobilität brauche es eine „flächendeckende und bedarfsgerechte“ Infrastruktur an Stromtankstellen. Dabei müsste ins Kalkül gezogen werden, dass einige E-Mobilisten ihren Wagen nicht zuhause mit Energie versorgen könnten. Und deren Bedarf könne mit einer Normal-Ladeinfrastruktur gedeckt werden wie in E-Quartiershubs, wo Ladepunkte in Garagen und Parkhäusern gebündelt werden für Anwohner, Kunden und Mitarbeiter von Unternehmen – aber auch mit Schnellladehubs, also zentralen Anlaufstellen, an denen mit hoher Geschwindigkeiten mehrere E-Autos vollgepumpt werden können.

DC-Standorte sind teurer

Insofern fährt auch die Stadt Ludwigsburg zweigleisig. Man treibe den Ausbau der Infrastruktur in der Barockstadt stetig voran und setzt dabei sowohl auf die AC-, also Wechselstrom, als auch auf die DC-Ladetechnik mit Gleichstrom, berichtet Astrid Schulte, Pressesprecherin der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim. Die DC-Punkte eigneten sich überall dort, wo ein Auto nur kurz verweile, zum Beispiel an Hauptverkehrsachsen. Ihr Nachteil liege aktuell darin, dass der Akku durch die hohen Ladeleistungen bis circa 300 Kilowatt stärker beansprucht werde. „Außerdem ist die Erschließung für DC-Standorte aufgrund der hohen Anschlussleistung deutlich kostenintensiver“, erklärt Astrid Schulte.

Grundsätzlich würden E-Wagen zukünftig dort geladen, wo sie auch parken. Aus diesem Grund habe man in den Autoabstellanlagen bereits frühzeitig erweiterbare AC-Ladelösungen implementiert. „Im Straßenraum ist unser Ziel, ein möglichst flächendeckendes Netz an Ladeinfrastruktur anzubieten“, erklärt Astrid Schulte.

Ladepunkte für E-Autos: Es gibt schnelle und langsamere

Schwerpunkt
Bei der Verteilung der öffentlichen E-Ladesäulen senkt sich die Waage klar zugunsten der herkömmlichen AC-Technologie. Anfang September gab es laut Landesverkehrsministerium in Baden-Württemberg nur 1740 Schnellladepunkte, aber 10 270 Normalladepunkte. Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim betreiben insgesamt 175 AC-Lademöglichkeiten bis 22 Kilowatt Leistung und 18 DC-Punkte zwischen 50 und 150 Kilowatt in der Region. Im ganzen Landkreis Ludwigsburg waren nach Angaben des Landratsamts zum 31. Oktober 7413 reine E-Autos gemeldet, dazu 17 260 Hybrid-PKW.

Keine Priorität
Den Ausbau der E-Tankstellen hat sich auch Marbach auf die Fahnen geschrieben. Ein Elektromobilitätskonzept wurde auch schon erarbeitet, nun werde nach Fördermitteln Ausschau gehalten, sagte der Bürgermeister Jan Trost unlängst bei einer Veranstaltung – wo er zugleich einschränkte: Das Ganze genieße derzeit nicht die „allerhöchste Priorität“, da andere Themen wie die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge oder die Energiekrise in den Vordergrund gerückt seien.