Das Laden von Elektroautos soll in wenigen Jahren so einfach sein wie das normale Tanken. Das sieht zumindest der Plan der EU vor. Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Verhandlungsführer des Industrieausschusses will das Aufladen so einfach machen wie das normale Tanken.

Brüssel - Das Europaparlament will den Ausbau des Ladenetzes für alternative Antriebe verstärkt vorantreiben. Das sieht ein Bericht des zuständigen Industrieausschusses vor, der am Donnerstag den Abgeordneten in Straßburg vorgelegt wird. „Der rasche Ausbau von E-Ladestationen und die Abschaffung komplizierter Hürden beim Tanken von Strom in den jeweiligen EU-Ländern ist das Kernanliegen für den Einstieg in die E-Mobilität“, unterstreicht Grünen-Politiker Michael Bloss, der als Verhandlungsführer bei der Ausgestaltung des Papiers maßgeblich mitgewirkt hat. Hauptziel sei es, eine einheitliche Lade- und Tankstelleninfrastruktur in der Europäischen Union zu schaffen.

Das Ladenetz entscheidet über den Erfolg

Doch nicht nur das enge Ladenetz sei für den Erfolg entscheidend. „Aufladen muss so einfach sein wie normales Tanken“, erklärt der Michael Bloss. „Deshalb soll überall mit EC-Karte bezahlt werden können. Das aufwendige Suchen nach Apps an Orten ohne gutes Internet fällt damit weg.“ Neu in dem Bericht, der unserer Zeitung vorliegt, sind erstmals auch wichtige Verpflichtungen für den Ausbau der See-, Binnenschiffs- und Luftverkehrsinfrastruktur. Bislang hat sich die Verordnung fast ausschließlich auf den Straßenverkehr konzentriert.

Laut Entwurf der EU-Kommission sollen die Staaten unter anderem künftig im transeuropäischen Verkehrsnetz TEN-V mindestens alle 60 Kilometer für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge eine Ladestation errichten. Ergänzt wird die Vorgabe durch ein flottenbasiertes Ziel: Für jedes zugelassene E-Fahrzeug muss mindestens ein Kilowatt (kW) Ladekapazität zur Verfügung stehen, für Hybridfahrzeuge sind es 0,66 kW. Für Lkw gilt nur eine entfernungsbasierte Vorgabe von einer Lademöglichkeit spätestens alle 100 Kilometer. Nach den Schätzungen der Kommission würden die Zielvorgaben bis 2030 dazu führen, dass rund 3,5 Millionen Ladepunkte in der EU gebaut würden.

Die Grundversorgung muss gesichert sein

Der Bericht des Industrieausschusses geht in wesentlichen Punkten über diese Vorgaben hinaus. So soll etwa eine Zielvorgabe für öffentliche und private Ladevorgänge von sechs Kilowatt pro Elektrofahrzeug eingeführt werden. „Mit dieser Bestimmung stellen wir sicher, dass wir insgesamt über eine ausreichende Ladeinfrastruktur verfügen“, heißt es in dem Papier. Ziel müsse es sein, die Grundversorgung in einem Land sicherzustellen, denn nur wenn die gewährleistet sei, steige auch die Akzeptanz von Elektromobilität bei den Verbrauchern. Erhöht werden soll auch die Zielvorgabe für städtische Gebiete, in denen eine E-Ladestation in einem Umkreis von fünf Kilometern erforderlich wäre. In dünn besiedelten Gebiete sei eine E-Ladestation in einem Umkreis von 60 Kilometern nötig.

Bremsen beim Thema Wasserstoff

Im Bereich Wasserstoff hat der Industrieausschuss eine andere Einschätzung als die Kommission. In dem Bericht steht, dass die von der Kommission vorgeschlagenen „erheblichen Investitionen“ im Straßenverkehr zu früh kommen würden, „wenn man den Einsatz wasserstoffbetriebener Straßenfahrzeuge heute und in Zukunft bedenkt“. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, „die Nutzung von Wasserstoff auf multimodale Knotenpunkte und Industriestandorte zu konzentrieren, wo Wasserstoff ohnehin zum Einsatz kommen wird“.

Es ist häufig so, dass vor allem in Umweltfragen das Europaparlament versucht, die Vorschläge des EU-Kommission zu verschärfen. In der Regel bremsen dann die Mitgliedstaaten die Vorschläge wieder eher aus. Michael Bloss ist allerdings überzeugt, dass in diesem Fall auch Autobauer wie Mercedes und Audi „bereit sind für den Einstieg in die hundertprozentige Elektromobilität ab 2030“. Mit der endgültigen Abstimmung im Europaparlament rechnen die Macher des Berichtes frühestens im Sommer 2022.

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