Neue Regeln sollen von 2023 an für Europas Bauern gelten. Foto: dpa/Alexander Anciferov

Verhandlungsführer von Europaparlament und Mitgliedstaaten einigen sich auf Eckpfeiler: Ein Viertel der Direktzahlungen werden an Ökomaßnahmen geknüpft. Die Mitgliedstaaten setzen eine zweijährige „Lernphase“ durch.

Brüssel - Unterhändler von EU-Parlament und portugiesischer Ratspräsidentschaft haben sich auf die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geeinigt. Bis 2027 stehen dafür 400 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stehen. Künftig sollen 25 Prozent der Direktzahlungen nur dann an die Landwirte gehen, wenn sie sich zu speziellen Ökomaßnahmen verpflichten. Es soll eine so genannte Lernphase in den Jahren 2023 und 2024 geben. In diesen beiden ersten Jahren sollen Bauern, die noch nicht die Ökomaßnahmen komplett beherrschen, die Direktzahlungen auch dann bekommen, wenn die Ökomaßnahmen in ihrem Betrieb nur 20 Prozent ausmachen. In diesem Fall sollen die fünf Prozent nach der Lernphase nachgeholt werden. Mitgliedstaaten, die weniger als 20 Prozent der Direktzahlungen für Ökomaßnahmen ausgeben, verlieren den entsprechenden Teil ihrer Direktzahlungen. Umweltauflagen, um die Direktzahlungen zu bekommen, gibt es schon bisher. Dazu zählt etwa der Fruchtwechsel auf der Ackerfläche. Neu ist, dass die Landwirte die Wahl haben, sich gegen Geld auf spezielle Ökomaßnahmen zu verpflichten. In Deutschland werden dies etwa der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, die Ausweisung von nichtproduktiven Flächen auf dem Acker, Anbau von heimischen Eiweißpflanzen oder die Anlage von Blühstreifen sein. Der Gesetzgeber in Deutschland hat bereits beschlossen, dass von 2023 an 25 Prozent der Direktzahlungen an die Ökomaßnahmen gekoppelt sind.

Vier Prozent der Flächen sollen nicht produktiv sein

Als Umweltauflage gilt zudem künftig, dass vier Prozent der Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht produktiv sind. Dadurch sollen sich die Böden regenerieren können. Das Parlament wollte, dass der Wert bei fünf Prozent liegt, die Mitgliedstaaten wollten drei Prozent.

Es bleibt dabei, dass Europas Bauern entsprechend der Größe der bewirtschafteten Flächen Direktzahlungen bekommen. Allerdings soll von den großen zu den kleineren Betrieben umgeschichtet werden. Es sollen zehn Prozent der Direktzahlungen von den größeren Betrieben eines Landes auf die kleineren Betriebe umverteilt werden. Die Mitgliedstaaten können auch die Direktzahlungen ab einer gewissen Betriebsgröße komplett kappen oder den Anstieg bremsen. Dies müssen sie aber in den nationalen Strategieplänen nachweisen, die sie bei der Kommission einreichen und sich genehmigen lassen müssen. Das Europaparlament hatte gefordert, dass zwölf Prozent der Direktzahlungen auf kleinere Betriebe umverteilt werden. In Deutschland, wo jedes Jahr rund fünf Milliarden Euro für Direktzahlungen zur Verfügung stehen, wurde eine Umverteilung von zwölf Prozent – insgesamt also 600 Millionen Euro im Jahr – bereits beschlossen. Daran ändern auch die Beschlüsse auf EU-Ebene nichts.

Erstmals zählen auch soziale Verpflichtungen

In Deutschland bedeutet dies etwa, dass es für die ersten 40 Hektar bei kleinen Betrieben einen Zuschlag von 69 Euro je Hektar gibt und bis 60 Hektar dann einen Zuschlag von 41 Euro je Hektar. Erstmals sollen die Direktzahlungen daran gekoppelt werden, dass Landwirte auch ihren sozialen Verpflichtungen gegenüber Leih- und Saisonarbeitern nachkommen. Bei groben Verletzungen, etwa bei illegaler Beschäftigung, kann die Zahlstelle einen Teil der Direktzahlungen einbehalten. Diese Regelung gilt von 2025 an für alle Mitgliedstaaten verpflichtend gilt und wird 2023 freiwillig eingeführt.

Der Kompromiss muss noch von einer Mehrheit der Mitgliedstaaten sowie einer Mehrheit im Parlament akzeptiert werden. Die im Zuge des Green Deal angekündigten Gesetze etwa zur drastischen Reduktion von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie zur Steigerung des Anteils der Ökobauern und zur Verbesserung des Tierwohls sollen, sobald sie beschlossen sind, in die Agrarreform eingearbeitet werden.

Die Grünen kritisieren den Kompromiss scharf

Norbert Lins (CDU), Chef des Agrarausschusses im Europaparlament und Verhandlungsführer für das Parlament, sagte: „Wir haben eine gute Balance aus Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit gefunden.“ Nicht zufrieden ist Maria Noichl, SPD-Agrarexpertin: „Mit dieser Agrarreform sind die europäischen Klima- und Umweltziele nicht erreichbar. Die europäische Agrarpolitik kann mehr.“ Kritik üben auch die Grünen. Martin Häusling: „Die Einigung verfehlt die Ziele des Grünen Deals, die Agrarwende bleibt aus. Der Kompromiss rückt nicht einmal in die Nähe einer Neuausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik zum Nutzen von Umwelt, Klima, Artenvielfalt, Böden, Landwirtinnen und Landwirten.“