Schon lange wird über die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba diskutiert. Foto: dpa/epa/Shane T. McCoy/US_Navy

Noch vor Kurzem schien es so, als würden die letzten Gefangenen Guantánamo nach und nach verlassen. Doch die Machtergreifung der Taliban in Afghanistan könnte den Prozess stoppen – oder zumindest verlangsamen.

Washington - Kurz nachdem die Taliban Kabul erobert hatten, meldete sich Gholam Ruhani aus dem Präsidentenpalast der afghanischen Hauptstadt zu Wort. Umringt von Kämpfern mit Maschinenpistolen, gab er dem Sender Al-Jazeera ein Interview. Für die Amerikaner ist er, wenn man so will, ein alter Bekannter. Ruhani, ein Mann Mitte vierzig, hatte fast sechs Jahre in ihrem Gewahrsam verbracht. Im Januar 2002 war er einer der ersten Gefangenen, die, nicht nur an den Händen, sondern auch an den Füßen gefesselt, vor den Augen zugeklebte Schutzbrillen, nach Guantánamo gebracht wurden. Im Dezember 2007, noch unter George W. Bush, kam er auf freien Fuß, ohne dass jemals Anklage gegen ihn erhoben worden wäre. In seiner Heimat schloss er sich erneut den Taliban an. Heute ist er einer ihrer Kommandeure.