Pause für Lastwagenfahrer. Foto: imago

E-Mobilität hat für Spediteure Relevanz. Dabei geht nicht nur um Modell und Ladegeschwindigkeit, sondern um Grundlegendes. Das zeigt ein Beispiel aus Ditzingen.

Keiner will sie, doch alle benötigen sie. Das ist landauf, landab die Situation von Speditionen, die angesichts ihres Flächenverbrauchs zu den weniger beliebten Gewerbesteuerzahlern einer Kommune gehören. Doch „solange das Beamen nicht erfunden wurde, werden wir die Logistik brauchen“, sagte Alexander Hewel anlässlich des Firmenjubiläums. Er führt die Spedition Keller gemeinsam mit Patrick Krech und seinem Bruder Christopher. Im vergangenen Jahr bestand das Unternehmen im Ditzinger Gewerbegebiet 90 Jahre.

Die Ditzinger Kellergroup ist einst aus einem Fuhrunternehmen hervorgegangen. Der Warentransport von A nach B macht auch heute einen zentralen Teil ihres Angebots aus. Und sie steht vor denselben Herausforderungen wie die gesamte Branche, nämlich der Integration von E-Mobilität ins Unternehmen. Die Herausforderungen beginnen bereits auf dem Betriebsgelände.

Würde das Licht im Büro wirklich ausgehen, wenn die beiden Lastwagen mit Elektroantrieb auf dem Hof der Spedition getankt würden? „Wir haben es nicht ausprobiert“, sagt Patrick Krech. Aber die Aussage der Elektriker, der Fachleute also, die es wissen müssen, war eindeutig: die Infrastruktur in dem gewachsenen Gewerbegebiet, zwischen Trumpf und Thales, reiche nicht aus, um Lastwagen und Büros gleichzeitig mit Strom zu versorgen. Deshalb werden bei Keller die Lastwagen wenig entfernt an unterschiedlichen Firmenstandorten geladen.

Patrick Krech Foto: Jürgen Bach

Der Bedarf für E-Lastwagen ist gegeben, die Bereitschaft auch, sie einzusetzen. Aber „es gibt gar nicht so viel Strom“, sagt Krech. Es wäre nicht damit getan, mit den örtlichen Stadtwerken oder der Stadt selbst, der Rathausspitze gar, ins Gespräch zu gehen, macht er deutlich. Noch gebe es zu viele unbeantwortete Fragen, als dass der Spediteur mit seinem Wunsch nach mehr Strom an anderer Stelle vorstellig werden könnte. „Ich suche Antworten und bekomme von meinen Gesprächspartnern mehr Fragen zurück“, schildert Krech die Situation. Zum Beispiel: Wo kann der Lastwagen in naher Zukunft getankt werden? Bisher sind jene Tankstellen rar, die so gebaut sind, dass Sattelzüge unter das Dach an die Ladesäule fahren können. Wo ist die nächste Reparaturwerkstatt? Eigentlich, so Krech, wäre es erforderlich, alle Beteiligten setzten sich an einen Tisch, um das Thema voranzubringen: Spediteure, Kunden, Energieanbieter, Kommune.

Land will die Emissionen des Verkehrs bis 2030 deutlich senken

Baden-Württemberg hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, die Emissionen des Verkehrssektors bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Die Emissionen sind zu einem wesentlichen Anteil durch den Straßenverkehr verursacht – sowohl durch den Individualverkehr als auch den Güterverkehr. Das Ziel lautet daher, jedes zweite Auto und jede zweite Tonne im Güterverkehr klimaneutral zu fahren beziehungsweise zu transportieren.

Die Kellergroup, ein Familienunternehmen, fühlt sich dem Ziel der Klimaneutralität ebenso verpflichtet wie sie grundsätzlich der Flächenneuversiegelung eine Absage erteilt. Das aber stellt sie vor die Frage, wie die Stromversorgung in einem gewachsenen Gewerbegebiet eines ehemaligen Bauerndorfs sichergestellt werden kann. Die bisher mögliche Stromversorgung ist nicht darauf ausgelegt: auch der Nachbar Trumpf hatte vor einigen Jahren mit dem Neubau einer 15 Megavoltampere-Stromleitung nachgerüstet. Notwendig wurde der singuläre Anschluss durch die geplante Produktionserweiterung der Firma am Standort im Gewerbegebiet. Die rund drei Kilometer lange Leitung hat eine Kapazität, die zum damaligen Zeitpunkt – vor rund acht Jahren – der Hälfte der Stromversorgung ganz Ditzingens entsprach.

So groß die Offenheit bei Keller in Ditzingen ist, so groß ist nach eigenen Angaben die Bereitschaft offenbar auch innerhalb des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL). Laut einer Umfrage haben 77 Prozent der teilgenommenen Speditionen grundsätzlich Interesse am Einsatz von Elektro-Lastwagen, jeweils drei von zehn Unternehmen hatten bereits Elektro-Lkw, oder aber planten für dieses Jahr den Erwerb.

Handlungsbedarf sehen die Spediteure laut der Umfrage vor allem bei der Ladeinfrastruktur sowie der Wirtschaftlichkeit. Daraus macht auch Krech keinen Hehl, dass die Ware durch E-Mobilität teurer werden kann. Deshalb, so seine Forderung, müssten auch sie am Runden Tisch sitzen, wolle man das Thema voranbringen. Die Spedition Keller wäre jedenfalls dabei. „Wir machen das, weil wir daran glauben“, sagt Krech.