Dieter Nuhr: „Wir müssen lernen, mit dem Irrsinn zu leben.“ Foto: dpa/Marcel Kusch

Der Kabarettist Dieter Nuhr sieht in der Anonymität eine der Ursachen für Aggressionen und Beschimpfungen im Internet. Das habe Ähnlichkeiten mit Autofahrern, die im Stau stünden, sagte er in einem Interview.

Augsburg - Der Kabarettist Dieter Nuhr vergleicht die Debattenkultur im Internet mit dem Verhalten von Autofahrern. „Im Internet äußert man sich ähnlich wie im Auto. Da man keine direkte Nähe zu den anderen Verkehrsteilnehmern hat, beschimpft man sie. Das macht die Anonymität“, sagte der Sechzigjährige der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstagausgabe). „Körperliche Nähe erzeugt Höflichkeit und Zuneigung. Jeder Psychologe wird das bestätigen. Deshalb herrscht im Internet eine Stimmung wie im Stau. Alle sind kurz vorm Platzen.“

Auf die Frage der „Augsburger Allgemeinen“, wie dies korrigiert werden könne, sagte Nuhr: „Nur durch Aufhebung der Anonymität. Aber wie soll das gehen? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich müssen wir lernen, mit dem offensichtlichen Irrsinn zu leben.“ Dennoch bereue er nicht, Kabarettist statt Lehrer geworden zu sein. „Ich trete lieber vor Freiwilligen auf und bestimme den Lehrplan selbst. Ich bin didaktisch und fächerübergreifend mein eigener Herr. Das würde ich niemals aufgeben“, sagte Nuhr, der Kunst und Geschichte auf Lehramt studiert hat.

„Ich bin ja kein Idiot“

Nuhr erregt immer wieder Kritik von verschiedenen Seiten. So löste er Proteste aus, als er zum Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland im März bei Twitter schrieb: „Wir haben eine Erkrankungsrate von 0,0001 Prozent der Bevölkerung. Also ich würde gerne einfach auftreten am Wochenende...“ Auch wegen dieser Äußerung gab es später Kritik, als er sich auf Bitten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Online-Aktion #fürdasWissen beteiligte.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur betonte Nuhr kürzlich: „Ich bin weder Corona- noch Klimaleugner, ich bin ja kein Idiot. Es geht mir um eine differenzierte Sicht auf die Dinge.“ Am 19. November ist er im Zuge der ARD-Themenwoche #WieLeben mit der Comedyshow „Wie immer, Nuhr anders“ im Ersten zu sehen (22.50 Uhr).