Trotz weiterhin hoher Zahl an Infizierten spielen die Coronatests inzwischen nur noch eine Nebenrolle. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Inzidenz stagniert, die Zahl der Coronafälle in den Kliniken steigt. Dieser Trend gilt nicht nur im Land sondern auch im Rems-Murr-Kreis. Was sind die Konsequenzen?

„Wer krank ist bleibt zu Hause“, hat der Gesundheitsminister des Landes, Manfred Lucha (Grüne) kürzlich verkündet. Ein Appell an die Vernunft, der eigentlich grundsätzlich gilt, nicht nur in der Auslaufphase einer Pandemie. Anlass war unter anderem die Entscheidung, zum 1. März vorzeitig fast alle Corona-Schutzmaßnahmen enden zu lassen. Das Land sei in der Endemie angekommen, befand Lucha, weshalb das Landeskabinett die für den 7. April vorgesehene Aufhebung der Coronaverordnung vorziehen wolle. Klar sei allerdings, dass „uns das Coronavirus erhalten bleibt“, mahnte der Minister zugleich. „Wie wir uns eigenverantwortlich vor Infektionskrankheiten schützen können,wissen wir alle mittlerweile“, so wurde Lucha – auch mit Blick auf massive Anstiege bei den Fallzahlen anderweitiger Atemwegserkrankungen in ganz Deutschland in einer Mitteilung zitiert. Und: „Der Impfschutz ist immer aktuell zu halten.“

Zahlen aus dem Rems-Murr-Kreis

Wie in der gesamten Region Stuttgart stagniert die 7-Tage-Inzidenz derzeit weitgehend bei Werten von knapp über oder knapp unter 100. Dies bedeutet, dass den offiziellen Stellen aktuell im Kreis etwa 100 Neuansteckungen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen gemeldet werden. Das Problem: Die tatsächliche Zahl der Ansteckungen beträgt ein Vielfaches, weil Ansteckungen nicht mehr gemeldet werden müssen. Etwas aussagekräftiger bezüglich der aktuelle Entwicklung und der Schwere der Verläufe sind die Daten zur sogenannten Hospitalisierung. Diese erfasst den Anteil der Coronafälle, die im Krankenhaus landen. Die Rems-Murr-Kliniken versorgen aktuell 63 Covid-19-Patienten, davon werden zwei Patienten auf der Intensivstation versorgt und einer beatmet. Mitte der vergangenen Woche waren es noch 53 in der Normalversorgung und einer im Intensivbereich.

Mehr Betten mit Coronapatienten

Die Tendenz in den Rems-Murr-Kliniken wird dabei von den landesweiten Zahlen bestätigt. Die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz, also die Zahl derer, die je 100 000 Neuinfektionen stationär in eine Klinik aufgenommen werden müssen, hat sich von Anfang Februar mit 2,6, bis zu diesem Montag, 23. Februar auf 5,5 mehr als verdoppelt. Der Anteil der Betten in Intensivstationen die landesweit mit Coronapatienten belegt sind, ist binnen Wochenfrist von 4,7 auf 6,1 Prozent gestiegen. Seit Anfang Februar hat sie sich sogar verdoppelt.

Die Reaktionen in den Kliniken

In de Kliniken in Winnenden und Schorndorf dürfen vom 1. März an wieder mehr Besucher pro Tag zu ihren Angehörigen kommen und – innerhalb der Besuchszeit – bleiben, so lange sie möchten. „Wir haben nach sorgfältigem Abwägen von Nutzen und Risiken beschlossen, dass wir nun angesichts der stabil niedrigen Corona-Zahlen im Rems-Murr-Kreis die Beschränkung der Besucherzahl aufheben“, sagt der Klinikhygieniker und Chefarzt der Interdisziplinären Notaufnahme Torsten Ade. Das sei im Sinne der Patienten sowie ihrer Angehörigen. „Selbstverständlich beobachten wir weiterhin tagesaktuell die Entwicklung und können flexibel reagieren.“ Er bittet um Verständnis dafür, dass in einer Klinik noch nicht alle Schranken und Masken fallen könnten. So bleibe zunächst die FFP2-Maskenpflicht für alle Besucher bestehen. Aufgehoben wird Regelung, wonach für jeden Patienten nur ein Besucher für eine Stunde pro Tag zugelassen war. Die allgemeine Besuchszeit ist von 11 und 19 Uhr, in der Intensivstation von 14 bis 19 Uhr. Die generelle Testpflicht für Besucher und Patienten entfällt.

Krankenstand insgesamt verdoppelt

Was das Infektionsgeschehen insgesamt angeht, spielen inzwischen offenbar längst anderweitige Atemwegserkrankungen eine Hauptrolle. Nach den Fastnachtstagen haben sich die Krankenstände in Baden-Württemberg verdoppelt, berichtet dazu Lutz Weber, Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbands.. „Wir merken einen deutlichen Anstieg der Infektionskrankheiten.“ Dabei handele es sich neben klassischen Erkältungen auch um die Grippe – und weiterhin natürlich um Corona. Weil die Inkubationszeit bei Atemwegserkrankungen bis sieben Tage dauern kann, erwarten die Experten weiterhin einen Anstieg.

Die Hausärzte seien es im Übrigen gewohnt, dass die Krankenstände in den zwei Wochen nach der Fastnacht höher seien. In den rheinischen Karnevalsgebieten ergibt sich ein ähnliches Bild. „Erwartungsgemäß sind die Krankenstände in den letzten Tagen explodiert“, sagte der Chef des Hausärzteverbands Nordrhein, Oliver Funken, dazu der „Rheinischen Post“.

Corona
 Die Hospitalisierungsrate – oder auch „Krankenhaus-Inzidenz“ – bezogen auf Corona gibt die Anzahl der stationär zur Behandlung aufgenommenen Coronapatienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen an und wird täglich durch das Robert-Koch-Institut (RKI) aktualisiert.

Aktuell
 Laut den RKI-Werten von Montag, 27. Februar liegt die Hospitalisierungsrate deutschlandweit derzeit bei 7,96. Im betrachteten Zeitraum wurden also insgesamt 6629 Coronafälle stationär in Krankenhäuser aufgenommen. In Baden-Württemberg liegt die Zahl laut Gesundheitsamt – ebenfalls Stand 27. Februar – bei 5,5.