Wie ein Schleier bedecken die gesenkten Lider den Blick der italienischen Schauspielerin Monica Bellucci, fotografiert von der Berliner Fotografin Birgit Kleber 2001. Foto: Birgit Kleber

Die Berliner Fotografin Birgit Kleber sucht den besonderen Moment, der ihre berühmten Porträtierten zwischen Prominenz und Verletzlichkeit zeigt. Im Berliner Museum für Fotografie hängen sie alle – von Hildegard Knef bis zu den Coen-Brüdern.

Berlin - Wenn die Augen der Spiegel der Seele sind, hat die Schauspielerin Monica Bellucci dann etwas zu verbergen, wenn sie ihre Lider schützend über ihren Blick senkt wie ein Schleier? Und wieso driftet der Blick des 2017 verstorbenen Michael Ballhaus, einer der profiliertesten Kameraleutedes deutschen und internationalen Films, einerseits in die Ferne und ist gleichzeitig so stechend klar im Hier und Jetzt? Die Porträts der Berliner Fotografin Birgit Kleber geben einerseits Rätsel auf und bieten andererseits viel Raum für die Fantasie des Betrachters. 25 Jahre lang hat die 63-Jährige deutsche und internationale Filmstars auf der Berlinale fotografiert: Monica Bellucci, Barbara Sukowa, Diane Kruger, Willem Dafoe, Charlotte Rampling, die Regisseure Wim Wenders und Volker Schlöndorf, Filmlegende Hildegard Knef – um nur einige zu nennen.

Birgit Kleber sucht den einen, besonderen Moment

„Ich will die berühmten fünf Minuten“, sagt Birgit Kleber. Das ist für die Fotografin, die auf Ausstattung, besonderes Licht oder sonstige Accessoires verzichtet, essenziell. „Plötzlich ist er da, der entscheidende, besondere Augenblick, wenn die Konzentration von beiden Seiten voll da ist. Oft halte ich währenddessen die Luft an, weil ich spüre, dass das das Bild sein wird, das ich später auswähle“, sagt Birgit Kleber. „Das ist der Moment, in dem etwas sichtbar geworden ist“. Überraschend Persönliches, Verletzlichkeit, Anmut – all das, was die Individualität und die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht, zeigt sich in diesem einen besonderen Blick.

Kopf nach oben, Kinn nach vorne, Blick direkt in die Kamera

Die „Methode Kleber“ konzentriert sich ausschließlich auf das Gesicht. Dafür braucht sie kein Studio, sondern nur fünf Minuten Aufmerksamkeit eines Menschen, der meistens keine Zeit hat. Schließlich haben es Prominente oft eilig. Birgit Kleber bittet ihre Protagonisten etwas breitbeinig auf einen Stuhl zu sitzen, gerade aufgerichtet, die Arme oder Ellbogen auf die Knie gestützt. Kopf nach oben, Kinn nach vorne, Blick direkt in die Kamera. „Ich möchte erreichen, dass der Betrachter angesehen und dadurch nicht los gelassen wird“, sagt Birgit Kleber. Ihre Methode, für die sie neben ein paar Minuten Zeit lediglich einen Raum mit etwas Fensterlicht braucht, ist schnell und unaufwendig, aber trotzdem durchdacht.

Die persönliche Begegnung zählt

Ihre Fotografien fangen die Aura der Persönlichkeiten ein, erzeugen eine Spannung zwischen der Bildfläche und dem Betrachter, zwischen öffentlich und höchstpersönlich, zeigen Unbekanntes im Bekannten. Mittlerweile kann sich die 63-Jährige für ihre Porträt-Serie aussuchen, wen sie treffen will. Vom roten Teppich und von Pressekonferenzen hält sie sich fern. Sie sagt, dass es ihr um die persönliche Begegnung gehe.

Die Blicke können sich unverstellt treffen

Mehr als 300 Fotografien von Birgit Kleber zählt die Sammlung des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt. Dort gab es 2019 eine erste Ausstellung ihrer Porträts. Anlässlich des 70. Geburtstags der Berlinale hängen sie nun im Berliner Museum für Fotografie in Petersburger Hängung, Farbe neben Schwarz-Weiß, Mann neben Frau, alt neben jung. Die Fotografien sind unverglast gehängt, sodass nichts reflektiert und sich die Blicke zwischen Porträtiertem und Betrachter unverstellt treffen können. Die Ausstellung „Birgit Kleber – Augenblicke“ läuft bis zum 29. März und wird von der Helmut-Newton-Stiftung sowie der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin organisiert (Katalog: Verlag Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, 29,80 Euro).