Rentner-Ehepaar beim Spaziergang: viel üppiger werden die meisten Ruhestandsbezüge in Zukunft nicht ausfallen. Foto: epd/Michael Dietrich

Die von der Bundesregierung beauftragte Rentenkommission legt am Freitag nach gut eineinhalb Jahren ihren Bericht vor. Mit dem Rentenreport 2020 unterstreicht der DGB Baden-Württemberg schon mal die Notwendigkeit, das Rentenniveau auf dem heutigen Stand zu halten.

Stuttgart - Die Rentenanhebung zum 1. Juli um 3,45 Prozent (im Westen) wird wohl auf Jahre der letzte Grund zur Freude für die Ruheständler sein. Weil die Anpassungen im Prinzip der Lohnentwicklung – in dem Fall von 2019 – folgen, dürften die Anhebungen wegen der Auswirkungen der Corona-Krise in den nächsten Jahren magerer ausfallen.

Wie es mittel- und langfristig weitergeht, dazu wird an diesem Freitag die von der Bundesregierung beauftragte Rentenkommission ihre Vorschläge vorlegen – nach mehr als eineinhalb Jahren. Statt einer förmlichen Übergabe des Berichts ist wegen Corona eine schmucklose Telefonkonferenz der Kommissionsmitglieder mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vorgesehen. Danach wird der Bericht veröffentlicht. Vertreten sind in der Kommission die Gewerkschaften, die Arbeitgeber, CDU, CSU und SPD, aber auch Wissenschaftler.

Ein Korridor für das Rentenniveau

In deren Bericht wird es vor allem um die Zukunft des gesetzlichen Rentenniveaus gehen, das derzeit 48,21 Prozent des durchschnittlichen Einkommens beträgt. Weil sich die Kommission in dem Punkt offenbar nicht einigen konnte, wird sie dem Vernehmen nach einen Korridor statt einer fixen Zahl als gesetzlich verbindliche Haltelinie vorschlagen. Dies dürfte sich dann in einer Bandbreite zwischen 48 Prozent und deutlich darunter bewegen.

Ohne Eingriffe wird das Rentenniveau bis 2045 auf noch 43,2 Prozent absinken. Wie wichtig es wäre, das Niveau bei 48 Prozent zu stabilisieren, zeigt der aktuelle Rentenreport des Gewerkschaftsbunds (DGB) für Baden-Württemberg. Demnach beträgt die gesetzliche Rente eines Mannes, der neu Altersrente bezieht, durchschnittlich 1176 Euro im Monat. Die Altersrente aller Männer liegt hingegen bei 1260 Euro, woraus sich eine Lücke von monatlich 84 Euro ergibt. Die DGB-Berechnungen basieren auf Zahlen von 2018. Wegen der unterschiedlichen Erwerbsbiografien sind Frauen schlechtergestellt. Die durchschnittliche Rente von Neurentnerinnen beträgt lediglich 740 Euro. Die Kluft beträgt somit 436 Euro im Monat.

Starke Schwankungen zwischen Männern und Frauen

Jedoch sind bei den Renten starke Schwankungen zu verzeichnen: Fast jeder dritte Mann erreicht nicht das Grundsicherungsniveau von 794 Euro. Zugleich beziehen 41 Prozent der Männer mehr als 1400 Euro im Monat. Frauen wiederum sind schon heute oft von Einkommensarmut im Alter betroffen: 58,9 Prozent erreichen nicht das Grundsicherungsniveau. Mehr als ein Drittel erhalten weniger als 500 Euro.

Die Zahl der älteren Menschen, die Grundsicherungsleistungen zusätzlich zur Rente beziehen, hat sich von 16 659 Personen im Jahr 2003 auf 39 960 im Jahr 2018 mehr als verdoppelt. Ihr Anteil an allen Altersrentnern beträgt etwa zwei Prozent. „Realistisch muss man davon ausgehen, dass noch viel mehr Menschen Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben“, sagt DGB-Landeschef Martin Kunzmann. „Sie stellen aber keinen Antrag, weil sie sich schämen oder mit der Bürokratie überfordert sind.“ Aus diesem Grund sei die Grundrente so wichtig, bei der niemand einen Antrag stellen müsse.

Altersarmut ist auch im Südwesten ein Thema

Die Altersarmutsgefährdungsquoten für Baden-Württemberg, die zwischen 2005 und 2015 noch stark angestiegen waren, gehen nur leicht zurück. Fast jede fünfte Frau über 65 Jahren ist demnach armutsgefährdet – Männer sind auch in diesem Punkt deutlich bessergestellt. Ältere Frauen sind demzufolge viel stärker von Altersarmut betroffen als gleichaltrige Männer. Aus DGB-Sicht deuten die Werte auf gravierende Probleme der Alterssicherungspolitik im Südwesten hin. Offenkundig seien die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht armutsfest. Die Schwelle zur Altersarmutsgefährdung für einen Einpersonenhaushalt lag 2018 im Südwesten bei 1127 Euro.

Die von der großen Koalition beschlossene Grundrente, so hat es Arbeitsminister Heil bekräftigt, soll trotz Corona-Krise zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Aus der Union war die Forderung laut geworden, die Einführung wegen Corona auf Eis zu legen, um die Unternehmen nicht weiter zu belasten. Den Supermarktkassiererinnen, Busfahrern, Pflegern und Krankenschwestern jetzt die Grundrente streichen zu wollen „geht gar nicht“, hält SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil den Kritikern entgegen.