Hansi Flick auf dem Weg zur Pressekonferenz mit Hansi Flick. Foto: imago/eu-images

Bundestrainer Hansi Flick bietet einige Überraschungen. So fehlt Weltmeister Mats Hummels im deutschen WM-Aufgebot, das einen jugendlichen Anstrich bekommt.

Jürgen Klinsmann hatte gesprochen, Rudi Völler auch, dazu kamen Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger und Roman Weidenfeller. Als sich dann Sepp Maier einreihte in die Video-Grußbotschaften der deutschen Weltmeister an den Bundestrainer Hansi Flick und sein Team für die WM in Katar, da schien es lustig zu werden – weil der Maier-Sepp ja von Natur aus ein Gaudibursche ist. Es war dann aber auch ein bisschen Ernst dabei, als die Botschaft des Weltmeister-Keepers von 1974 und Weltmeister-Torwarttrainers von 1990 im Presseraum der DFB-Akademie in Frankfurt eingespielt wurde. „Weihnachtszeit ist Sternezeit – also bringt uns den fünften Stern nach Deutschland“, sagte Maier, die Katze von Anzing, und setzte sein Maier-Strahlen auf.

Ja, die Wüsten-WM kommt, mit dem Endspiel sechs Tage vor Weihnachten – und seit Donnerstag um 12 Uhr ist klar, welche 26 Nationalspieler frei nach dem Maier-Sepp die Wüstensterne vom Himmel holen sollen: Rückkehr für den seit Wochen stark aufspielenden Mario Götze, Debüts für den 17 Jahre alten Youssoufa Moukoko als jüngster deutscher WM-Teilnehmer der Geschichte und den spät berufenen Bremer Stürmer Niclas Füllkrug (29) – das waren die einen Schlaglichter Flicks bei seiner Kaderverkündung. Die anderen: Etwas überraschend kein Platz mehr für den Weltmeister Mats Hummels und zu große Bedenken rund um den schon wieder angeschlagenen Dauerpechvogel Marco Reus.

Diese schwierigen Entscheidungen hatte Flick nach einer für seine Verhältnisse harschen Menschenrechtskritik am WM-Gastgeber Katar verkündet. Auf andere Weise bedrückend sind für den Bundestrainer die jüngsten Aussagen eines WM-Botschafters zum Thema Homosexualität. „Was von Katar-Seite passiert ist, macht uns sprachlos und fassungslos“, sagte Flick, der sich auch während des Turniers positionieren will: „Wir wollen uns auf den Sport konzentrieren, aber auch klar ansprechen, was die Menschenrechtssituation ist, wir werden Augen und Ohren offen halten.“

Inwieweit das tatsächlich passiert, wird sich weisen – aus sportlicher Sicht schaffte Flick am Donnerstag einige Fakten, die Diskussionsstoff liefern. Man könnte auch sagen, dass der Bundestrainer mit Blick auf die Heim-EM 2024 eine Art neue Jugendkultur in der DFB-Elf etablieren will. So stehen in Moukoko, der am Tag des WM-Eröffnungsspiels seinen 18. Geburtstag feiert, und dem zur Stammkraft aufgestiegenen Jamal Musiala (18) erstmals bei einer WM zwei Teenager im DFB-Aufgebot. Ein gewisser Karl-Heinz Schnellinger war 1958 beim Turnier in Schweden mit 19 Jahren der bisher letzte deutsche WM-Teenager. In Armel Bella-Kotchap und Karim Adeyemi sind obendrein zwei Zwanzigjährige als Hoffnungen für die Zukunft zum Lernen in der Wüste dabei.

Dann sprach Flick über das bittere Los zweier Routiniers, deren Fälle ganz unterschiedlich gelagert sind.

Da ist zum einen Marco Reus, der nach einer Verletzungspause noch nicht wieder in bester körperlicher Verfassung oder gar in Bestform ist. „Jeder weiß, wie sehr ich Marco schätze“, sagte Flick also über den Offensivmann von Borussia Dortmund. „Er hat alles probiert. Aber wir mussten entscheiden, ob wir das Risiko eingehen – wir haben uns dagegen entschieden, es tut einfach weh.“

Zum Tag der Enttäuschung wurde die WM-Nominierung auch für Mats Hummels, der im Gegensatz zu Reus fit ist, seit Wochen auf konstant hohem Niveau spielt, aber dennoch nicht berücksichtigt wurde. Flick sagte, dass der Verzicht auf den BVB-Abwehrspieler keine Entscheidung „gegen Mats, aber für die Mannschaft“ gewesen sei. Womöglich passt der meinungsstarke Weltmeister, der in den vergangenen Wochen mit teils deftiger Kritik an den Mitspielern in Dortmund einige Male aneckte, nicht mehr so ganz in das Teamgefüge Flicks.

In dem soll in Katar auch ein Mann eine Rolle übernehmen, der bisher noch kein Länderspiel absolviert hat. Stürmer Niclas Füllkrug sicherte sich mit zehn Ligatoren für Werder Bremen seinen Platz im Kader. „Er ist einer, der ständig versucht, sich zu verbessern, einer, der der Mannschaft das Vertrauen schenkt, dass immer noch was geht“, sagte Flick. „Niclas hat das Momentum.“

Löws Botschaft an Flick

Das sollten die restlichen 25 Profis im Kader im Idealfall auch haben – was auch den Weltmeistertrainer von 2014 freuen würden. So reihte sich Joachim Löw in die Reihe der Glücksbringer ein, er hatte für seine Videobotschaft eine Trainingsjacke im Retrolook von Helmut Schön aus dem Jahr 1974 „aus dem Kleiderschrank hervorgekramt“, wie er es sagte. Dann richtete Löw eine Botschaft an seinen früheren Assistenten Flick: „Denk daran, was uns 2014 stark gemacht hat, wir haben jede Minute dran geglaubt und uns nie aus der Ruhe bringen lassen.“

Zumindest für einen Moment hatte Löw damit sein Ziel erreicht. Sein Nachfolger grinste bei diesen Worten auf dem Podium. Hansi Flick ruhte in sich.