Die Bahn kommen die Probleme mit Betonschwellen teuer zu stehen.. Foto: imago/Jürgen Heinrich

Die massiven Probleme mit womöglich schadhaften Betonschwellen unter den Gleisen werden für die bundeseigene Deutsche Bahn AG enorm teuer. Man erwarte Kosten in dreistelliger Millionenhöhe.

Der entstandene Schaden lasse sich derzeit noch nicht konkret beziffern, sagt eine DB-Sprecherin. Mögliche Regressansprüche gegenüber dem Schwellenhersteller würden „auf Basis der abschließenden Gutachten juristisch geprüft“. Ob bereits eine Anwaltskanzlei beauftragt wurde, lässt das Unternehmen auf Nachfrage offen.

Der DB-Konzern, der das rund 33 000 Kilometer große bundeseigene Schienennetz in Ordnung halten soll, hatte kürzlich eingeräumt, dass bundesweit weitere 130 000 Betonschwellen auch anderer Hersteller auf Schäden untersucht und falls nötig ausgetauscht werden müssen. Die Vorsichtsmaßnahmen könnten „zu weiteren Einschränkungen im Schienennetz führen“.

Bereits von Juli bis Ende August waren unmittelbar nach dem schlimmen Bahnunglück bei Garmisch bundesweit 200 000 baugleiche Schwellen inspiziert worden, die dem Vernehmen nach aus der Produktion des Münchener Betonwerks Moll stammen sollen. Die Entgleisung des Regionalzugs, die fünf Tote und mehr als 40 Verletzte zur Folge hatte, könnte nach bisherigen Erkenntnissen von Schwellen verursacht worden sein, die rissig und brüchig werden und dann die Gleise darüber nicht mehr ausreichend stabilisieren.

„Defekte an Betonschwellen können viele Urschen haben“

Zum laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen vier Personen wollen sich auf Nachfrage weder der DB-Konzern noch die Leonhard Moll Betonwerke konkret äußern. Der Hersteller teilte über eine PR-Agentur mit, es sei „nicht bekannt, wo in Deutschland die Deutsche Bahn Schwellen aus der Produktion von Leonhard Moll verbaut“. Denn man liefere ab Werk an die DB. Die Frage, inwieweit Rückstellungen für mögliche millionenschwere Schadenersatzansprüche des DB-Konzerns gebildet werden, lässt der Hersteller offen.

Zur Frage nach Schadensursachen heißt es bei dem Münchner Unternehmen, grundsätzlich könnten „mögliche Defekte an Betonschwellen viele Ursachen haben, von den Rohstoffen über die Produktion bis hin zum Einbau und der Wartung“. Die Leonhard Moll Betonwerke sind nach eigenen Angaben eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Leonhard Moll AG. Das Unternehmen hat seit den 1930er Jahren viele Millionen Spannbetonschwellen produziert, gilt als Pionier dieser Technik und bewährter DB-Lieferant mit langer Erfahrung.

Der DB-Konzern hatte nach dem Unglück bei Garmisch die dort verbauten Schwellen untersuchen lassen. Inzwischen hätten unabhängige Prüfer festgestellt, dass ein Herstellungsfehler vorliegen könnte, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Konkret könne eine bestimmte Gesteinsart, die zur Produktion der Betonschwellen genutzt wurde, „mitursächlich für die Schäden sein“. Dem Vernehmen nach könnte es sich um sogenannten Betonkrebs handeln, der das Material durch unerwünschte chemische Reaktionen von innen zersetzt.

Ist die Art des Gesteins die Ursache?

Deshalb lässt die zuständige DB Netz AG nun 130 000 Betonschwellen weiterer Hersteller mit der gleichen Gesteinsart bundesweit überprüfen. Die betroffenen Schwellen seien „im gesamten deutschen Streckennetz verbaut, vorrangig jedoch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen“, so die DB-Sprecherin. Besonders in diesen Regionen müssen Bahnkunden daher mit weiteren Baustellen und Einschränkungen rechnen.

Kurz nach der Katastrophe im Sommer wurden bundesweit an vielen zusätzlichen Stellen strenge Tempolimits für Züge verhängt. Das sollte verhindern, dass es zu weiteren Entgleisungen wegen womöglich bröckelnder oder rissiger Schwellen kommt, was auch gelungen ist. Allerdings gab es deshalb im Schienenverkehr noch mehr Verspätungen und Umleitungen.

Die Erneuerung der als schadhaft identifizierten Schwellen komme wie geplant voran, betont der Konzern, zwei Drittel der daraus folgenden Einschränkungen seien behoben. Die Sprecherin lässt allerdings offen, bis wann der Austausch insgesamt abgeschlossen sein wird.

Welche Hersteller noch betroffen sind, will der Konzern auch auf Nachfrage nicht offenlegen. Mit der Branche gibt es nicht zum ersten Mal Zoff. Im Jahr 2016 verhängte das Bundeskartellamt nach langen Ermittlungen ein millionenschweres Bußgeld, weil mehrere Lieferanten von Betonschwellen unzulässig Preise zu Lasten der DB abgesprochen hatten. Zur Frage, ob erfolgreich Schadenersatzansprüche gegen das Kartell durchgesetzt wurden, will sich der Staatskonzern „aus Vertraulichkeitsgründen“ nicht äußern.

Verfahren eingestellt

An dem Kartell beteiligt waren die Unternehmen Durtrack GmbH (Möllenhagen), Voestalpine BWG GmbH (Butzbach) und Rail.One GmbH (Neumarkt). Gegen Durtrack verhängte das Kartellamt auf Grundlage einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ein Bußgeld von 1,5 Millionen Euro. Voestalpine BWG GmbH und Rail.One GmbH wurde die Strafe erlassen, da sie halfen, das Kartell aufzudecken. Gegen die Leonhard Moll Betonwerke GmbH, München, und DW Schwellen GmbH, Neuss, wurde das Verfahren eingestellt.

Ein weiteres Verfahren habe man seither nicht geführt, erklärte der Sprecher des Bundeskartellamts, Kay Weidner, auf Anfrage.