Freddy (Frederick Lau) entdeckt die Kunst, ein Junge (Lenny Winkler) – oder ein Kobold? – hilft ihm. Foto: BR/Lotus-Film/ORF/Christian Anwander

Schräges Personal, derber Dialekt und eine irre Geschichte: Marvin Kren („4 Blocks“, „Freud“) lässt in seiner Thrillerkomödie „Der weiße Kobold“ einen bestens aufspielenden Frederick Lau einen abenteuerlichen Streifzug durch die Wiener Nacht und Kunstwelt erleben.

Beim Zigarettenholen gehen angeblich manchmal Ehemänner verloren. Im ARD-Film „Der weiße Kobold“ wird der so schüchterne wie überkorrekte Speditionsdisponent Freddy Sternthaler von seinem kriminellen Chef zum Kippenbesorgen losgeschickt – es ist der Beginn einer Reise durchs nächtliche Wien, die sein Leben verändern wird.

Die Kunst, das Unsichtbare sichtbar zu machen

Denn Freddy (Frederick Lau) lernt zufällig die Kunstagentin Ema Draganovic (Maya Unger) kennen, die vor den Häschern der Wiener Unterweltgröße Heinzi X (Paul Basonga) auf der Flucht ist. Ihr Bruder Martin (Simon Steinhorst), ein liebenswerter, aber die meiste Zeit drogenvernebelter Künstler, hat im Rausch ein Kilogramm Kokain, das Ema für Heinzi X aufbewahren sollte, unter seine Farben gemischt und vermalt. Und jetzt will Heinzi sein „K“ wieder haben. Ema hat aber noch ein anderes Problem: Ihr Bruder hat die Chance, auf der Vienna Art Fair beim großen Sammler und Milliardär Laurenz Brückner (Thomas Mraz) seine Bilder zu zeigen. Doch Martin ist nicht aufzufinden. Also überredet sie Freddy, sich auf der Vernissage als ihr Bruder auszugeben. Werde er zu seiner Kunst befragt, solle er einfach sagen, dass er das Unsichtbare sichtbar machen wollte. Paul Klee lässt grüßen.

Die blonde Gespielin hat sehr hohe künstlerische Ambitionen

Die Österreicher mögen’s schräg, sie können nicht nur derben Dialekt, sondern auch Humor. Der Autor und Regisseur Marvin Kren ist Österreicher und lässt in seiner Thrillerkomödie ein ausgeflipptes Figurensemble durch Wien von einer absurden Situation zur nächsten driften und dabei manchmal schwer verständlich österreichisch ratschen. Zu seinem Personal zählen etwa eine besonders zynische Ausgabe eines neureichen Sammlers, dessen kunstambitionierte Gespielin Tara (Zoe Straub), die ihre Barbiepuppen- und Knet-Basteleien auf einer Stufe mit Picasso sieht, und ein lustiger Junge in einem weißen Schneeanzug, der seiner Oma ausgebüxt ist und Martin ein bisschen beim Malen hilft. Für Kren stellt dieser titelgebende Steppke eine Metapher dar – „für das wilde, schlimme, freie, ungezwungene Kind in uns, das wir alle einmal waren und mittlerweile verdrängt haben“, so der Regisseur. Seinen Antihelden Freddy lässt er genau dieses verschüttgegangene Kind in sich wiederentdecken. Und so erlebt der schnurzbrave Speditionsangestellte Erstaunliches: In einer Bar bittet ihn eine unbekannte ältere Dame im Pelz und mit Schoßhund um einen Tanz; er überführt seinen Boss (Michael Thomas) der Schmuggelei, handelt gar einen verwegenen Deal mit Drogenschieber Heinzi X aus und lernt, gute von schlechter Kunst zu unterscheiden.

Die vergoldete Leberkässemmel

Krens Gaunerkomödie ist eine Hommage an die Großstadt, die Kunst und die Magie des Moments – nicht umsonst gibt er Martin Scorseses „After Hours“ („Die Zeit nach Mitternacht“, 1985) als Referenz an. Nicht alle Irrungen und Wirrungen sind superoriginell, aber es gelingt ihm, den abgedrehten Plot rund zu machen und sein Publikum zu unterhalten. Und er macht sich einen Spaß daraus, allerlei Bezüge auf die echte Wiener Kunstwelt wie auch auf sein eigenes Werk einzubauen. Dazu gehören der bestens aufspielende Frederick Lau, mit dem er schon beim Serienerfolg „4 Blocks“ zusammenarbeitete, sowie Kida Khodr Ramadan, der als „4 Blocks“-Hauptfigur Toni Hamady für ein paar Sekunden in Erscheinung tritt und Freddy zuraunt: „Wir kennen uns irgendwoher.“ Einen Kurzauftritt bekommen auch Krens Ehefrau Kiri und seine Mutter Brigitte (sie ist die Dame im Pelz) wie auch die Wiener Kunstgröße Martin Grandits – mitsamt seinem wohl bekanntesten Werk, einer vergoldeten Leberkässemmel.

Der weiße Kobold: Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD