Holger Badstuber ist beim VfB der heimliche Abwehrchef. Foto: dpa - dpa

Holger Badstuber ist für den VfB wichtiger denn je

StuttgartDie Saison war noch jung, der späte Ausgleich ärgerlich, der Trainer genervt. Zumindest die Leistung von Holger Badstuber aber, der beim 2:2 am zweiten Spieltag beim 1. FC Heidenheim ein Tor erzielt und auch sonst prächtig gespielt hatte, hätte die Miene von Tim Walter etwas aufhellen können. Tat sie aber nicht. Schmallippig erklärte der Coach des VfB Stuttgart: „Zu Holger Badstuber sage ich nichts.“

Wie sich die Zeiten ändern. Anlässlich des 15. Spieltags dieser Zweitliga-Saison, an dem der VfB am Sonntag (13.30 Uhr) beim SV Sandhausen gastiert, dreht sich das Gespräch erneut um Holger Badstuber (30). Diesmal allerdings ist Tim Walter in seinem Überschwang kaum zu bremsen. Er sei „absolut zufrieden“ mit dem Innenverteidiger, der mit „konstant guten Leistungen“ zu „einer Stütze“ geworden sei und sich auch abseits des Spielfelds grundlegend gewandelt habe: „Holger ist nicht mehr der mürrische und zurückhaltende Grantler, sondern hat gute Laune und bringt diese auch in die Mannschaft mit ein.“

Wird also doch noch alles gut in der komplizierten Beziehung zwischen dem früheren Nationalspieler und dem Traditionsclub aus Bad Cannstatt?

Lange hatte Badstubers Rückkehr im Sommer 2017 zu jenem Verein, bei dem der Allgäuer bereits in der Jugend gekickt hatte, vor allem als eines gegolten: als beidseitiges Missverständnis. Der VfB wartete vergeblich darauf, dass der Champions-League-Sieger die für ihn vorgesehene Rolle als Identifikationsfigur und erfahrener Führungsspieler einnimmt. Und der langjährige Bayern-Profi fühlte sich noch immer zu Höherem berufen.

Abstiegskampf nicht zumutbar

Badstuber empfand es offenkundig als unter seiner Würde, gegen den Abstieg zu kämpfen oder gar in der zweiten Liga zu grätschen; regelmäßig dachte er laut über den Transfer zu einem Champions-League-Verein nach. Ein Abnehmer jedoch fand sich nicht. Zähneknirschend trat daher auch Badstuber, dessen Vertrag 2018 von dem damaligen Sportchef Michael Reschke um drei Jahre verlängert worden war, im Sommer zähneknirschend den Weg ins Bundesliga-Unterhaus an.

Seinen Missmut trug der Linksfuß auch noch zu Beginn dieser Saison offen zur Schau. Sichtbar engagiert war er nur dann, wenn es darum ging, seinen Frust abzubauen. So geriet er im Sommer auf dem Trainingsplatz einmal heftig mit Tim Walter aneinander und lieferte sich ein lautstarkes Wortgefecht, nach dem sich der Trainer veranlasst sah, seinen Spieler öffentlich in die Schranken zu verweisen. „Die Ansagen mache ich“, erklärte Walter – und beließ es nicht dabei, Badstuber nur verbal abzustrafen.

Im ersten Saisonspiel gegen Hannover 96 (2:1) saß der Abwehrspieler auf der Bank - und blieb dort auch sitzen, als Marcin Kaminski das Feld mit gerissenem Kreuzband verlassen musste. Stattdessen kam der junge Maxime Awoudja ins Spiel – und führte sich mit einem Eigentor und Gelb-roter Karte ein. Andernfalls, so ist zu vermuten, hätte Badstuber auch in Heidenheim keine Gelegenheit bekommen, an sein Können zu erinnern.

Woher rührt er nun, dieser plötzliche Wandel vom jäh Verschmähten zum Hochgelobten, der sich seither vollzogen hat? „Holger hat sich das selbst erarbeitet und sich dorthin entwickelt. Er hat sich selbst aus dem Loch gezogen“, sagt Walter – und klopft sich gleichzeitig nur ein kleines bisschen auf die eigenen Schultern: „Ich habe ihm nur einen Stupser gegeben, damit er da rauskommt.“ Es sei in den vergangenen Monaten wichtig gewesen, „den Austausch mit ihm zu pflegen und ihn immer weiter bei Laune zu halten“. Nun ernte man die Früchte. Tatsächlich hat der selbstbewusste Herbst-Badstuber mit dem frustrierten Sommer-Badstuber nicht mehr viel gemeinsam. Zumindest in Ansätzen erinnert der 1,90-Meter-Mann wieder an jenen Badstuber, der mit den Bayern sechs deutsche Meisterschaften gewann und nur vom Verletzungspech davon abgehalten wurde, zur dauerhaften Führungskraft in der Nationalmannschaft zu werden: Kompromisslos im Zweikampf, sicher im Passspiel, präsent auf dem ganzen Spielfeld.

Der heimliche Abwehrchef des VfB ist Badstuber schon länger – nach der Roten Karte für Kapitän Marc Oliver Kempf ist er es in Sandhausen (und den beiden folgenden Spielen) auch ganz offiziell.

Wer auch immer neben ihm spielen wird – aller Voraussicht nach die von Jürgen Klopp angepriesene Liverpool-Leihgabe Nat Phillips – , Badstuber soll seinen Nebenmann führen und ihm Sicherheit geben. So jedenfalls lautet mittlerweile der Plan von Trainer Walter, in dem der frühere Grantler die zentrale Rolle spielt: „Genau so, wie Kempfi Holger braucht, um stabil zu spielen, brauchen ihn natürlich auch die anderen.“

Riethmüller fühlt sich missverstanden

Als Präsidentschaftsanwärter des VfB Stuttgart steht man in der Öffentlichkeit – das dürfte Christian Riethmüller, neben dem Böblinger Unternehmer Claus Vogt einer von zwei Kandidaten, schon vor seiner Bewerbung gewusst haben. Jetzt musste der Chef der Tübinger Buchhandelskette Osiander erneut erfahren, dass auch jedes Wort auf der Goldwaage landet. „Als ich bei Aldi begonnen habe, hatte das Unternehmen bei vielen den Ruf, dass dort nur Türken einkaufen“ – in etwa so soll sich der frühere Aldi-Manager auf einer Sitzung des VfB-Mitgliederausschusses geäußert haben. Die Folge: In Internetportalen wurde nun die Frage aufgeworfen, ob es sich dabei um einen „Fall von Diskriminierung“ oder gar einen „Rassismus-Eklat“ handle. Absurd, findet Riethmüller: „Ich habe mich in meinem Leben immer gegen Diskriminierung und Rassismus eingesetzt und möchte dies auch beim VfB tun.“ Im Interview mit dem „Kicker“ hatte er sich zuletzt auch gegen die AfD positioniert: „Die Privatperson Christian Riethmüller sagt ganz klar: Ich sehe die Partei extrem kritisch.“