„Wir müssen aufpassen, dass keine Bugwelle entsteht“, sagt Thomas Moser, der Vorstandschef der SSB AG Foto: Lichtgut/Julian Rettig - Lichtgut/Julian Rettig

In bis 120 neue Stadtbahnzüge will die SSB bis 2023 investieren, ebenso will sie Geld ausgeben für Strecken und Technik. Damit fährt das Unternehmen tiefer in die roten Zahlen.

StuttgartDie Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird in den kommenden Jahren stark und dauerhaft in die Sanierung von Strecken und Technik und von 2023 an in bis zu 120 neue Stadtbahnfahrzeuge investieren. Dadurch häuft sie einen Schuldenberg an. Der Aufsichtsrat des städtischen Nahverkehrsunternehmens habe am Montag den Wirtschaftsplan für 2020 gebilligt, sagte Vorstandschef Thomas Moser bei der anschließenden Pressekonferenz. „Wir sind sehr zufrieden“, so Moser, der auch SSB-Technikvorstand ist. Die mittelfristige Prognose zur Unternehmensentwicklung habe das Kontrollgremium zur Kenntnis genommen, so Sabine Groner-Weber, die als Vorständin den Personalbereich verantwortet.

Die Grunderneuerung des Netzes und technischer Anlagen führt dazu, dass die SSB ihr bisheriges Jahresdefizit von rund 25 Millionen Euro stark ausweitet, und zwar 2020 auf 46,6 Millionen Euro. 2021 sollen 59,9 im Folgejahr 59,5 und 2023 dann 60 Millionen Euro Verlust entstehen. „Wir gehen davon aus, dass wir auf diesem Level bleiben werden“, sagte der neu für die Finanzen verantwortliche Vorstand Mario Laube, der aus Hannover kommt und am Montag seinen ersten Arbeitstag bei den SSB hatte. Bis Ende 2023 werde die SSB AG rund eine halbe Milliarde Euro in ihr Netz investieren, aber auch insgesamt 251 Millionen Euro neue Kredite aufgenommen haben, so Laube. Die Verschuldung steige damit auf rund 310 Millionen Euro. Die Zahlen sind vorläufig und auch abhängig davon, welche Zuschüsse vom Land und Sonderzuschüsse der Stadt der Verkehrsbetrieb einstreichen kann. Neue Fahrzeuge zum Beispiel werden zurzeit laut Moser mit 30 Prozent bezuschuss. „In Hannover gab es zuletzt 50 Prozent“, so Laube.

Insgesamt fahren bei der SSB bald 224 Stadtbahnen, 120 davon sollen von 2023 an ersetzt werden, der Stückpreis liegt aktuell bei rund vier Millionen Euro. Ihr Ersatz würde demnach 480 Millionen Euro kosten. Man wolle ausloten, was eine Sanierung dieser Fahrzeuge bedeuten würde, sagte Moser.

Sanierungen vor Sparmaßnahmen

2018 war die SSB AG überraschend tief in die roten Zahlen gerutscht. Aus geplanten 26 Millionen wurde ein Defizit von 35 Millionen Euro. In diesem Jahr werde man den prognostizierten Abmangel von 28 Millionen Euro bis zum Jahresende wohl einhalten können, so Laube. Die Verluste der SSB wurden bisher weitgehend aus den Renditen von Geldanlagen der städtischen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (SVV) ausgeglichen. Sinkende Zinsen drücken hier allerdings auf die Rendite, sodass künftig voraussichtlich ein Kapitalverzehr eintreten wird. Ob eine Kapitalerhöhung der SSB nach dem Jahr 2023 notwendig werde, um gegenüber Banken „Kennziffern zu stärken“, müsse man gemeinsam erörtern, sagte Laube.

Moser warnte davor, nötige Sanierungen und Investitionen in den Fuhrpark zu verschieben. Die Fahrzeuge seien im Schnitt 21 Jahre alt. „Wir müssen aufpassen, dass keine Bugwelle entsteht, dass wir nicht mehr nachkommen mit der Erneuerung“, so Moser. Dafür sei beim Aufsichtsrat Verständnis vorhanden. Von 2021 an sollen im Schnitt pro Jahr fünf der 137 Netzkilometer auf den neuesten Stand gebracht werden.

Beim Personal rechnet die SSB mit einem weiteren Aufbau um 68 auf dann 3189 Mitarbeiter bis Ende des Jahres 2020. „Wir haben jetzt 80 offene Stellen“, berichtet Sabine Groner-Weber. Verkehrsplaner, Ingenieur, IT-Fachkräfte sind gesucht, Fahrer sowieso, in den vergangenen Monaten habe man für den Fahrdienst aber eine ganze Reihe von Bewerbungen erhalten, „mehr als zu Beginn des Jahres“, sagt die Personalverantwortliche.