Marian Schreier Foto: Zweygarth - Zweygarth

Der 29-jährige Tengener Bürgermeister Marian Schreier will 2020 Fritz Kuhn ablösen – unter einer Voraussetzung.

StuttgartWenn Marian Schreier eines ärgert, ist es die Berichterstattung über seine Heimatstadt: „Mich stört, dass das Bild von Stuttgart in der Öffentlichkeit wenig mit dem gemein hat, wie ich die Stadt kenne“, sagt er unserer Zeitung. Es dominierten Themen wie Feinstaub, Stau und Wohnungsnot. „Ich möchte, dass wir ein anderes Bild von Stuttgart zeichnen.“ Vor vier Jahren trat der heute 29-Jährige in dem 4.500-Seelen-Ort Tengen an der Schweizer Grenze als jüngster Bürgermeisterkandidat an. Jetzt möchte er sich in Stuttgart als Stadtoberhaupt zur Wahl stellen. Der Zeitpunkt ist früh: Noch keine der großen Parteien hat bislang einen Kandidaten gekürt, auch wenn einigen Gemeinderäten Ambitionen nachgesagt werden. Selbst Amtsinhaber Fritz Kuhn (Grüne) will erst Anfang Januar bekannt geben, ob er im November 2020 wieder antreten wird.

Trotzdem wagt sich der gebürtige Stuttgarter aus der Deckung – auch ohne sich der Hilfe aus den eigenen Reihen schon sicher zu sein. Schreier ist zwar Mitglied im erweiterten SPD-Landesvorstand. In Stuttgart will die Partei aber erst noch über ihre Kandidaten entscheiden. „Ich werbe um die Unterstützung der SPD“, sagt er. „Sie ist Voraussetzung für meine Kandidatur.“ Wenn Schreier spricht, merkt man ihm die Jahre im Debattierclub an. Er weiß sich auszudrücken, wählt Formulierungen bewusst und argumentiert auf den Punkt. Der Sohn des früheren Stiftskantors Manfred Schreier hat Erfahrung auf dem politischen Parkett. In Stuttgart saß er im Jugendrat, nach seinem Studium an der Uni Konstanz arbeitete er im Büro des SPD-Politikers Peer Steinbrück. Als Tengener Bürgermeister musste er unbequeme Entscheidungen tragen wie die Schließung eines Pflegeheimes, die Schwerste seiner Amtszeit.

Neue Form der Stadtentwicklung

Dennoch: Ein 29-Jähriger als Oberhaupt einer Metropole wie Stuttgart? „Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe“, sagt er. „Aber meine Generation, die von den heutigen Entscheidungen am stärksten betroffen sein wird, ist die, die in den kommenden Jahren Verantwortung übernehmen sollte.“ Schreier will anders Politik machen. Er wolle die Menschen mitnehmen und ihre Ideen aufgreifen. In Tengen entwarf er gemeinsam mit den Bürgern ein Leitbild für die Stadt bis 2030. Die Stadt ist Modellkommune beim Projekt „Open Government“ der Bundesregierung, das Beispiele für offenes Verwaltungshandeln aufzeigt. Ähnliches hätte er in Stuttgart vor: „Wir brauchen eine neue Form der Stadtentwicklung“, sagt er. Bei der Opernsanierung hat er Idee eines Bürgerforums mit 50 ausgewählten Bürgern. Sollte er für die SPD in den Ring steigen, will er das Thema Beteiligung bereits im Wahlkampf umsetzen. „Mir schwebt eine Art politisches Start-up vor: Jeder ist eingeladen mitzumachen, digital, agil – quasi die Kampagne als Inkubator für die besten Ideen für die Stadt Stuttgart.“