Sebastian Werning ist ins Weingut Wöhrwag umgezogen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Sein Restaurant ist zu klein für die Abstandsregeln, daher weicht Sebastian Werning in Stuttgart in das Weingut Wöhrwag aus. Im Interview sagt er: Wer keinen Außenbereich hat, ist in diesen Zeiten auf dem verlorenen Posten.

Stuttgart - Für Sebastian Werning lohnt es sich nicht, sein Restaurant Bo’teca di Vino in Stuttgart-Botnang zu öffnen. Er macht sich Sorgen über die langfristigen Auswirkungen des Coronavirus.

Herr Werning, trotz der schwierigen Lage: Gibt es auch etwas Positives zu berichten?

Der Zuspruch von unseren Stammgästen, wie es uns geht und ob sie helfen können. das hat mich schon überrascht. Wir haben die besten Gäste der Welt!

Aber leider können sie nach wie vor nicht in die Bo’teca di Vino zum Essen kommen?

Ja. Unser Restaurant ist zu klein. Es hat 30 Plätze, mit der Abstandsregel würden höchstens acht bleiben. Somit ist es nicht wirtschaftlich, dort zu kochen. To go geht auch nicht: Unser Restaurant lässt sich nicht in einer Pappschale abholen. Bei uns zählt die ganze Atmosphäre dazu, die Dramaturgie des Abends. Im Restaurant am Künstlerhaus können wir immerhin 40 Prozent der Plätze nutzen. Dort profitieren wir davon, dass wir den schönsten Innenhof haben. Alle Gäste wollen draußen sitzen, sie haben Angst vor den Aerosolen in geschlossenen Räumen. Meine Eltern betreiben zwei Restaurants in Bielefeld, die haben nach zwei Wochen wieder geschlossen: Es war ein Drama, weil keine Gäste gekommen sind. Ich denke, auch in Stuttgart ist der Umsatz bei allen Kollegen verhalten. Wer keinen Außenbereich hat, hat keine Gäste. Es sei denn, die Zielgruppe ist jünger. Diese Restaurants sind voll.

Wie machen Sie weiter?

Ich habe eine Ausweichlocation gesucht. Als ich meinen Freund Hans-Peter Wöhrwag getroffen habe, ist mir die Idee gekommen: In seinem Weingut in Untertürkheim habe ich schon Bankette veranstaltet, dort gibt es viel Platz innen und im Hof. Ich finde seine Weine super, er schätzt meine Küche. Dort bleiben wir bis mindestens Ende Juli. In solchen Zeiten muss man unorthodoxe Lösungen suchen.

Und wie läuft es?

Spitze. Die ersten zwei Wochen waren gleich ausgebucht – mit den Stammgästen.

Wie wird es danach weitergehen?

Ich weiß es nicht. Vielleicht woanders mit einem neuen Pop-Up, das könnten wir über Monate hinweg als Konzept machen. Ich glaube, es wird lange dauern, bis die Gäste wieder Schulter an Schulter im Restaurant sitzen. Womöglich brennt sich das Coronavirus dermaßen ein, dass die Menschen dauerhaft auf Abstand gehen wollen. Aus Botnang würde ich ungern weggehen, aber man muss mit der Zeit gehen. Gastronomie läuft nur, wenn sich die Gäste wohl fühlen. Wenn sie mit Bedenken und Angst in einem Lokal sitzen, kommen sie nicht mehr. Es ist wie bei einem Salmonellen-Ausbruch. Wobei: Salmonellen kriegt man vielleicht einfacher los als das Coronavirus. Da gibt es Mittel dagegen.