Beim ersten „Mad Pride Day“ in Süddeutschland setzten die Teilnehmenden ein Zeichen für die Bedürfnisse von Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Neugierige Blicke verfolgen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mad Pride Day-Parade am Samstag in der Stuttgarter Innenstadt. Parolen wie „Proud to be mad“, „Verrückt? Und!!!“ und „Mental health matters“ stehen auf Plakaten. „Da geht es wohl um Gleichberechtigung“, kommentiert eine Passantin. Damit hat sie zwar nicht Unrecht, aber bei der Parade durch die Stuttgarter Innenstadt, bei der laut Veranstalter rund 300 Menschen gekommen sind, setzt man sich für weit mehr ein.
Beim ersten Mad Pride Day in Süddeutschland möchten sich die Menschen gegen eine Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit psychischen Krisen und Erkrankungen einsetzen. „Die Grundidee hinter dem Mad Pride Day besteht darin, die Vielfalt der menschlichen Erfahrungen zu betonen. Statt psychische Gesundheitsprobleme zu pathologisieren, werden sie als Teil der menschlichen Vielfalt und als Ausdruck individueller Lebensgeschichten betrachtet“, so die Veranstalter, der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg.
Aufklärung in der Gesellschaft fehlt
Bei der Parade selbst laufen deshalb am Samstag auch einige Psychiatrie-Erfahrene mit, die ihre Erfahrungen teilen und auf Missstände aufmerksam machen möchten. Eine von ihnen ist Steffi aus Stuttgart. Psychische Erkrankungen sollten aus ihrer Sicht von Stigmatisierungen befreit werden. Schließlich „kann jeder mit einem Gehirn eine psychische Erkrankung bekommen“, sagt sie. Aber nicht nur deshalb läuft sie am Samstag gemeinsam mit einer Freundin mit. Für Steffi sind es vor allem auch die Zustände in einigen Psychiatrien, die Überlastung der medizinischen Fachkräfte vor Ort und menschenunwürdige Zustände, die in manchen Einrichtungen herrschten. Besonders schwierig sei dies, da auf solchen Stationen Menschen seien, die beispielsweise eine Psychose haben und damit maximal hilfsbedürftig seien. Darüber hinaus fehlen ihrer Ansicht nach für viele psychische Erkrankungen das Verständnis und die Aufklärung in der Gesellschaft.
Auch eine andere Betroffene, die an ADHS, also einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung, leidet, berichtet, dass sie oft auf Ablehnung in der Gesellschaft stoße. „ADHS sieht man nicht, deshalb wird von mir immer verlangt, dass ich mich normal verhalte. Aber das kann ich nicht“, erzählt sie.
Neben der Akzeptanz und der Kenntnis manch psychischer Erkrankung kritisieren die Teilnehmenden am Samstag auch strukturelle Probleme. Gerade auf Ämtern fehle es an Wissen über solche Erkrankungen. „Außerdem haben leider auch die Menschen, die dort arbeiten oft Vorurteile“, berichtet eine Frau von ihren Erfahrungen.