Präsident Erdogan fordert die Bezeichnung „Türkiye“ – wie sie auf diesem Flugzeug steht – in allen Sprachen. Foto: dpa

Die Regierung stört sich an Fremdbezeichnungen für ihr Land wie „Turkey“, „Türkei“ oder „Turquie“. Warum Präsident Erdogan nun „Türkiye“ in allen Sprachen fordert.

Die Türkei will nicht mehr „Türkei“ genannt werden. Mit einem Schreiben an die Vereinten Nationen hat die türkische Regierung den Anspruch angemeldet, künftig in allen Sprachen nur noch „Türkiye“ genannt zu werden – das ist die türkische Eigenbezeichnung des Landes. Statt Turkey, Türkei oder Turquie solle das Land in allen Sprachen nur noch als Türkiye bezeichnet werden, wies Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die türkischen Behörden per Dekret an. Die Kampagne geht auf den alten Kummer der Türken zurück, dass Turkey auf Englisch neben „Truthahn“ umgangssprachlich auch „Dummkopf“ oder „Reinfall“ bedeutet; doch bei der Gelegenheit sollen nun auch andere Sprachen gleichgeschaltet werden. Wie Ankara das international durchsetzen will, bleibt unklar, zumal viele Sprachen den Umlaut „ü“ nicht auf der Tastatur haben.

Waren sollen mit „Made in Türkiye“ gekennzeichnet werden

„Ich habe heute einen Brief an den UN-Generalsekretär geschickt, mit dem wir den Namen unseres Landes auch in Fremdsprachen als ‚Türkiye‘ registrieren“, teilte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Dienstag mit. „Damit vollenden wir den von Staatspräsident Erdogan eingeleiteten Prozess zur Steigerung des Markenwerts unseres Landes.“ Per Dekret hatte Erdogan vor sechs Monaten verfügt, dass das Land sich künftig auch in allen anderen Sprachen als „Türkiye“ bezeichnen solle. Wie Erdogan in seinem Dekret erläutert, solle vor allem in den Beziehungen zu anderen Staaten und internationalen Organisationen beim Schriftverkehr und allen anderen Aktivitäten darauf geachtet werden, dass etwa statt des englischen Begriffs „Turkey“ das Wort „Türkiye“ verwendet wird.

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Die türkische Wirtschaft wurde zugleich angewiesen, ihre Waren nicht mehr als „Made in Turkey“ zu exportieren, sondern als „Made in Türkiye“ auszuweisen. Herstellern wurde dafür eine Übergangsfrist eingeräumt, die am 1. März ablief. Offiziell wird die Umbenennung als Markenbildung präsentiert. „Kultur, Zivilisation und Werte der türkischen Nation“ würden mit dem türkischen Wort „Türkiye“ besser zum Ausdruck gebracht als von fremdsprachlichen Bezeichnungen, hieß es in Erdogans Dekret. „Die Jahrtausende von Erfahrung unseres Staates und unserer Nation auf jedem Gebiet sollen künftig unter der Marke ‚Türkiye‘ präsentiert werden.“

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Nationalstolze Türken ärgern sich schon seit Jahrzehnten über das englische Wort „Turkey“ für ihr Land. Denn das bezeichnet außer der Türkei nicht nur den Truthahn; laut dem amerikanischen Standard-Wörterbuch Merriam-Webster bedeutet es auch: „1. eine Person, der es an gesundem Verstand oder Urteilsvermögen mangelt; 2. eine dumme Person; 3. etwas, das fehlgeschlagen ist“. Schon in den 1990er Jahren, also lange vor Erdogans Amtszeit, setzten sich türkische Regierungen deshalb für eine Umbenennung ihres Landes im englischen Sprachraum ein – allerdings ohne Erfolg.

Auch die Niederlande hatten mit einerbestimmten Bezeichnung zu kämpfen

Erdogan will nun damit aufräumen und dabei auch alle anderen Fremdbezeichnungen abschaffen. Ob er das auch außerhalb der Türkei durchsetzen kann? Zwar gelang es zuletzt den Niederlanden, die Bezeichnung „Holland“ abzustreifen und auf ihren offiziellen Namen zu bestehen; auch Burma konnte nach langem Zögern der Außenwelt den neuen Namen Myanmar einführen. Doch die Niederländer sind damit zufrieden, auf Deutsch als „Niederlande“ und auf Englisch als „Netherlands“ bezeichnet zu werden, und bestehen nicht auf „Nederland“ in allen Sprachen. Und Myanmar verlangt nicht, dass sein neuer Name in birmanischer Schrift geschrieben wird. Die Türkei fordert dagegen, auf Englisch mit „ü“ geschrieben zu werden, was auf englischen Tastaturen komplizierte Manöver erfordern würde. Wenn die Türkei darauf besteht, in andere Sprachen hineinzuregieren, könnte sie andere Länder auf ähnliche Ideen bringen, etwa Indien. Denn Indien heißt auf Türkisch „Hindistan“, das bedeutet: Truthahn-Land.