Dreharbeiten mit den Tänzern des Stuttgarter Balletts beim Schlussapplaus: Crankos „Onegin“ darf in einem Spielfilm über Leben und Wirken des Choreografen nicht fehlen. Foto: Stuttgarter Ballett/SB

Der Regisseur Joachim A. Lang macht einen Spielfilm über Leben und Wirken des Stuttgarter Ballettvaters John Cranko. Zum Drehstart am Donnerstag tanzte „Onegin“.

Wer zufällig am Donnerstagabend am Opernhaus vorbeikam, durfte sich wundern: Buhrufe nach einer „Onegin“-Vorstellung des Stuttgarter Balletts, in der mit Jason Reilly und Elisa Badenes zwei souveräne Solisten die Hauptrollen getanzt hatten? Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit… Aber es war Unmut mit Ansage.

Für seinen Spielfilm über das Leben und Wirken des Stuttgarter Ballettgründers John Crankos hatte der Regisseur Joachim A. Lang mit seinem Kamerateam nicht nur die Vorstellung aufgezeichnet, sondern trat am Ende selbst auf die Bühne, um dem Publikum Anweisungen für verschiedene Arten von Applaus zu geben.

Wie war das damals, als der Choreograf bei seiner letzten Vorstellung in Stuttgart vom Publikum für sein Ballett „Spuren“ heftig ausgebuht wurde? Das war im Sommer 1973, da konnte noch keiner wissen, dass Cranko beim Rückflug von einer USA-Tournee sterben würde. Und wie war das 1962, als nach der Premiere von „Romeo und Julia“ das Stuttgarter Publikum total aus dem Häuschen war? „Es gab Bravo-Rufe und viele sind aufgesprungen, um zu jubeln“, animiert Lang sein Filmpublikum.

Lenski leidet doppelt

Die Tragik von Crankos Leben in Applausen? Am Donnerstag war diese Achterbahnfahrt der Gefühle nach dem intensiven Finale von „Onegin“ einfach herzustellen. Dass dem blonden Schweden Henrik Erikson die Rolle des blonden Dänen Egon Madsen nicht nur in puncto Haarpracht gut passt, konnte man gleich doppelt überprüfen: Erikson durfte das letzte Solo Lenskis vor dem tödlichen Duell mit Onegin noch einmal tanzen, überraschte wieder mit bleierner Balance, Gesten von Gewicht, nun von den Kameras direkt auf der Bühne begleitet und verfolgt. Am Freitagabend, wenn dieselbe Besetzung tanzt, werden Jason Reilly und Elisa Badenes für die Filmaufnahmen nochmals den Schluss-Pas-de-deux stemmen.

Lässt sich so im Film noch mehr emotionale und tänzerische Verdichtung herstellen? Die Spannung ist jetzt schon hoch. Und so nutzte das Publikum Umbaupausen für neugierige Fragen. Stören Handy-Bildschirme? Wann ist der Film fertig? Wird’s auch eine DVD geben? „Das ist heute unser erster Drehtag, die Hauptdreharbeit wird im Februar sein“, sagt Joachim Lang.

Die knifflige Sache mit Handys und Atemmasken

Ein bisschen Geduld braucht es also noch, bis das Stuttgarter Ballettpublikum im Kino sich ins Leben Crankos fallen lassen kann – und sehen, was der Regisseur aus seinem Applaus gemacht hat und wie er die knifflige Sache mit Handys und Atemmasken löst. Spannend bleibt auch die Frage, wer die Hauptrolle spielen wird. Elisa Badenes als Marcia Haydée, Jason Reilly als Crankos erster Onegin Ray Barra und Henrik Erikson als Egon Madsen sind ebenso gesetzt wie Mackenzie Brown, deren Olga fast noch mehr strahlt, als Birgit Keil das einst tat.

Info

Film
Joachim Lang begleitete als SWR-Redakteur das Stuttgarter Ballett über eine lange Zeit und hat auch die DVD-Aufnahmen der drei großen Cranko-Ballette verantwortet. Mit Stuttgarter Unterstützung hatte er bereits „Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm“ realisiert, Gauthier Dance gestaltete und übernahm die tänzerischen Parts.