In Frankreich brauchen Reisende aus China schon einen Coronatest. Foto: dpa//A. Morissard

Angesichts der massiven Coronawelle in China sucht die EU nach einheitlichen Regeln für den Umgang mit Reisenden aus dem Land. Im Gespräch war zuletzt eine EU-weite Testpflicht. Viele Experten sehen darin aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen großen Sinn. Ein Überblick.

Seit dem abrupten Ende der Zero-Covid-Strategie wird China von einer massiven Corona-Infektionswelle erschüttert. Zugleich fehlt es an zuverlässigen Daten über Fallzahlen, Krankenhauseinweisungen, Todesfälle sowie die Kapazität und Belegung von Intensivstationen in China. Einige EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich und Spanien haben bereits eine Corona-Testpflicht für Reisende aus China eingeführt. Am Mittwoch wollten sich die EU-Staaten auf ein einheitliches Vorgehen einigen.

Dahinter steckt die Sorge, dass von dort neue Virusvarianten eingeschleppt werden können, welche die durch Impfungen und natürliche Infektionen aufgebaute Immunität der hiesigen Bevölkerung umgehen könnten. Gérard Krause, Leiter des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig, hält es trotzdem „nicht für angemessen, in der aktuellen Situation Einreisekontrollen für Reisende aus China oder woanders her zu Covid-19 einzuführen“. Solche Maßnahmen seien für eine kurze anfängliche Phase einer Epidemie oder Pandemie sinnvoll, „aber nicht mehr jetzt“ .

Debatte um Testpflicht

Ähnlich hatte sich zuvor Klaus Stöhr geäußert, der lange das Influenzaprogramm der Weltgesundheitsorganisation WHO geleitet hat. Das Testen von Reisenden aus der Volksrepublik sei nicht zielführend, um die Ausbreitung neuer Virusvarianten zu verhindern. Wenn solche Varianten entdeckt würden, wisse man noch nicht, wie gefährlich diese tatsächlich für die hiesige Bevölkerung seien, sagte der Epidemiologe im Deutschlandfunk.

Entscheidend sei, welche Eigenschaften sich gegenüber den bisherigen Varianten geändert hätten, ob auch andere Altersgruppen betroffen seien oder der Immunschutz unterlaufen werde. „Alles das dauert ja eine gewisse Zeit und dann ist die Variante dann auch schon durchgeschlüpft. Selbst Testen kann das nicht verhindern“, so Stöhr. Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hatten hingegen eine europaweite Testpflicht gefordert.

Um neue Varianten zu erkennen, wird ein Teil der positiven PCR-Proben sequenziert – also auf Veränderungen im Erbgut untersucht. Gemäß Daten aus dem vergangenen Dezember, die China mittlerweile veröffentlicht hat, dominierten dort hauptsächlich bekannte Viruslinien wie die Omikron-Subtypen BA.5.2 (35 Prozent), BF.7 (24 Prozent) oder BQ.1 (18 Prozent).

„Die Sequenzen, die man in China detektiert, findet man auch an anderen Orten der Welt“, sagt Isabella Eckerle, die an der Universität Genf die Forschungsgruppe Emerging Viruses leitet. Einreisebeschränkungen, Quarantäne oder Isolation von infizierten Reiserückkehrern aus China seien vor diesem Hintergrund nicht angemessen. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC sieht im massiven Anstieg der Fallzahlen in China derzeit ebenfalls keine große Gefahr.

Geringes Risiko für Immunflucht

Eckerle hält es derzeit auch für nicht sehr wahrscheinlich, dass in China eine neue Immunflucht-Variante entsteht, welche die vorhandene Immunität umgehen könnte. Als Grund nennt sie die vergleichsweise geringe Bevölkerungsimmunität in China, die einer Immunflucht-Variante kaum einen Selektionsvorteil bieten würde. Zugleich zeige die aktuelle Diskussion, „wie wichtig es ist, dauerhaft verlässliche Sequenzierungsdaten zu haben“. Der Anteil positiver PCR-Proben, deren Erbgut anschließend untersucht wird, ist allerdings bis jetzt je nach Land sehr unterschiedlich – auch innerhalb der EU.

Die große Mehrheit der EU-Staaten unterstützt nach Angaben der EU-Kommission Corona-Tests vor der Abreise aus China in Richtung der EU. Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides schrieb am Dienstag auf Twitter, man sei sich bei Maßnahmen wie Tests vor der Abreise und einer verstärkten Überwachung des Abwassers nähergekommen. Zuvor waren mehrere EU-Staaten mit Regeln für Einreisende aus China vorgeprescht.

Was bislang in einzelnen EU-Ländern gilt

Testpflicht
In Frankreich sind künftig PCR-Tests nach der Ankunft aus China vorgeschrieben. Italien verlangt einen Schnelltest sowohl vor Abreise als auch nach Ankunft. Bei einem positiven Ergebnis ist ein PCR-Test Pflicht, zudem soll es Sequenzierungen positiver Proben geben, um neue Varianten erkennen zu können. Deutschland verlangt bislang keinen negativen Test von Reisenden aus China.

Abwassertests
Österreich wollte am Mittwoch damit beginnen, das Abwasser aus den Flugzeugtoiletten von Maschinen aus China zu analysieren.