Österreichs Kanzler Karl Nehammer Foto: dpa/Benedikt Loebell

Die Omikron-Variante hat die Impfpflicht in Österreich vorerst ausgehebelt. Sie bedroht das Gesundheitswesen zu wenig, um einen solchen Eingriff zu rechtfertigen. Aber das kann sich ändern.

Wien - Österreich setzt die Impfpflicht gegen das Coronavirus vorerst aus. Die Impfpflicht sei bei der vorherrschenden Omikron-Variante nicht verhältnismäßig, sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Mittwoch in Wien. Basis für die Entscheidung sei der Bericht einer Expertenkommission. In drei Monaten solle neu entschieden werden, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Sollte es die Situation notwendig machen, die Impfpflicht doch wieder in Kraft zu setzen, werde man schnell reagieren können, so die beiden Regierungsmitglieder.

Die Impflicht gilt eigentlich seit Anfang Februar. Ab 15. März mussten bisher alle, die sich weigern, mit Geldstrafen von bis zu 3600 Euro rechnen.

Die Expertenkommission betont, dass nach einem vergleichsweise entspannten Sommer ein durch neue Varianten geprägter Herbst folgen könnte. „Die grundsätzliche Impfpflicht als probates Mittel zur Sicherstellung einer hohen Durchimpfungsrate ist prinzipiell weiterhin sinnvoll, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden“, schreibt die Kommission. Es komme aber auf den Zeitpunkt der Impfung an. Impfe man zu früh, verpuffe ein wesentlicher Teil dieser neu erworbenen Immunität.

Omikron-Variante sorgt weiter für hohe Infektionszahlen

Generell sei eine spätere Umsetzung der Impfpflicht einer sofortigen vorzuziehen, so die Experten weiter. Jedenfalls bestehe so eine gewisse Möglichkeit, „dass im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse eine Umsetzung der Impfpflicht gar nicht mehr erforderlich wird beziehungsweise noch bessere Impfstoffe vorliegen.“

Österreich war mit dem Schritt ein Vorreiter in der EU. In anderen Ländern gab es nur altersspezifische Vorschriften. Die Impfquote liegt in Österreich bei rund 70 Prozent. Die Einführung der Impfpflicht blieb in Österreich praktisch wirkungslos. Seit Anfang Februar haben sich nur 26 000 bis dahin ungeschützte Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen.

Die Omikron-Variante sorgt weiter für hohe Infektionszahlen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 2500 pro 100 000 Einwohner, etwa doppelt so hoch wie in Deutschland. Jüngst wurden fast alle Corona-Beschränkungen aufgehoben, da die Lage in den Kliniken als stabil gilt.