Stefan Ehehalt, Fritz Kuhn, Jan Steffen Jürgensen und Martin Schairer haben am Dienstag über Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Coronavirus gesprochen. Foto: Lichtgut//Leif-Hendrik Piechowski

Die Stadt bereitet sich auf eine steigende Zahl von Verdachtsfällen vor: Das Klinikum rüstet sein Labor für Tests auf Corona-Viren aus, die Schulen werden mit Seife beliefert. Vorsichtshalber sind am Dienstag bereits Schulklassen nach Hause geschickt worden, weil Schüler in Kontakt mit Infizierten waren.

Stuttgart - Das Mörike, eine Schule der Evangelischen Schulstiftung in Stuttgart, hat am Dienstag drei Schulklassen vorsorglich nach Hause geschickt, um die mögliche Ausbreitung von Coronaviren zu verhindern.

Das Mörike vereint eine Realschule, ein Gymnasium und ein Aufbaugymnasium. 790 Schüler besuchen die Schule im Stuttgarter Süden, 75 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten dort. Schulleiter Daniel Steiner bestätigte auf Anfrage: „Drei unserer Schüler hatten in den Ferien in Südtirol Kontakt mit einer Person, die positiv auf Corona getestet worden ist. Damit gelten die Schüler als Kontaktpersonen ersten Grades und wir haben vorsorglich zwei neunte und eine siebte Gymnasialklasse mit insgesamt 75 Schülerinnen und Schülern nach Hause geschickt.“

Quarantäne hängt vom Testergebnis ab

Die drei Schüler seien am Dienstagmorgen auf das Virus getestet worden, das Ergebnis soll Mittwochabend vorliegen. „Fällt der Test positiv aus, müssen die Schüler der siebten und einer neunten Klasse 14 Tage in Quarantäne zu Hause verbringen“, erläutert Daniel Steiner. Die zweite Klasse 9 müsse am Mittwoch wieder antreten; sie hatten keinen Kontakt gehabt.

In Marbach (Kreis Ludwigsburg) sind bereits am Montag und am Dienstag die jüngeren Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums vom Unterricht befreit gewesen. Im Schulbeirat des Stuttgarter Gemeinderats ist am Dienstag außerdem von drei Schülern berichtet worden, die vorsorglich zu Hause bleiben würden. Unbestätigt blieb bis Redaktionsschluss, ob eine Klasse der Kaufmännischen Schule I vorsorglich heimgeschickt worden ist.

Ämter schlecht erreichbar

Im Fall des Stuttgarter Gymnasiums wurden Mängel in der Informationskette sichtbar. Das Landesgesundheitsamt, das der Schulleiter in der Frühe konsultieren wollte, hat seine Telefone erst von 9 Uhr an besetzt, der amtsärztliche Dienst des Stuttgarter Gesundheitsamts sei überlastet und deshalb nicht erreichbar gewesen. Dr. Stefan Ehehalt, der Leiter des Gesundheitsamts, verweist darauf, dass die 30 Sachbearbeiter der Telefonhotline aufgrund des großen Informationsbedürfnisses der Bevölkerung stark ausgelastet seien. „Man kann uns aber jederzeit auch per Mail informieren.“

Stand Dienstag hatte die Landeshauptstadt nach Angaben von OB Fritz Kuhn (Grüne) noch keinen nachgewiesenen Corona-Krankheitsfall, „aber man kann angesichts der Situation im Umland nicht ausschließen, dass sich das bald ändert“, sagte er im Rahmen einer Pressekonferenz. „Wir wollen schnell und effektiv das tun, was man tun kann.“

Schutzmasken vier Mal so teuer

Die Zahl der Virus-Tests – bisher alle negativ – steigt, das zeigt die Bilanz der Corona-Ambulanz am Klinikum. „Am Wochenende waren es täglich 50, am Montag 100, am Dienstag werden wir diese Zahl verdoppeln“, teilte Jan Steffen Jürgensen, der Medizinische Vorstand des Stuttgarter Klinikums, mit.

Mit der Ambulanz, in der zehn Mitarbeiter tätig sind, könne das Klinikum „Infizierte von anderen Patienten separieren“. Die Ambulanz minimiere zudem das Auftreten von Verdachtsfällen in Hausarztpraxen. Man habe, so Jürgensen, den Bestand an Schutzmasken um 6000 aufgestockt, „weil die Preise gestiegen sind zum Vierfachen dessen, was wir zuvor bezahlen mussten“.

Seife und Papiertücher für Schulen

Noch werden die Abstriche ins Labor des Landesgesundheitsamts geschickt, doch das Klinikum baut seine eigenen Kapazitäten aus. „Ich gehe davon aus, dass unser Labor nächste Woche in Einsatz geht“, so Jürgensen. 67 Isolationszimmer stünden zur Verfügung, „aber wenn die Fallzahl steigt, ist auch eine Kohortenisolation möglich, indem wir ganze Gebäudeflügel dafür reservieren“.

Zuletzt appelliert OB Kuhn an die Bevölkerung, mit gründlichem Händewaschen die Verbreitung des Virus einzudämmen. Die Schulen, an denen Seife und Papiertücher knapp sind, sollen besser ausgestattet werden, und die Schulen, die Verdachtsfälle gemeldet haben, hätten richtig gehandelt: „Mehr als bei Gefahr zu Hause zu bleiben, gibt es nicht zu tun.“