Besonderer Einsatz am Stuttgarter Flughafen: Passagiere aus dem Airbus 310 wurden von Ärzten und dem DRK in Empfang genommen und betreut. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Zehn Erwachsene und fünf kleine Kinder sind von der Luftwaffe am Freitag nach Stuttgart geflogen worden. Jetzt müssen die Deutschen, die in China gelebt haben, 14 Tage in einem Kirchheimer Hotel ausharren.

Stuttgart - Während der Ferienreiseverkehr am Stuttgarter Flughafen am Freitagnachmittag erst langsam Fahrt aufnahm, standen auf der Empore des Terminals 1 Ärzte und Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes im Fokus der Öffentlichkeit. Bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz stand für die Beteiligten eines klar im Vordergrund: „Wir wissen, dass alle 15 Rückkehrer derzeit gesund sind“, versicherte die Leiterin des Gesundheitsamts des Landkreises Esslingen, Dr. Dominique Scheuermann. Gleichwohl seien die Schwerpunktkliniken im Land informiert und auf Patienten vorbereitet.

Bei den Rückkehrern handelte es sich um zehn Erwachsene und fünf Kinder im Alter zwischen null und fünf Jahren, die laut Sozialministerium über die Botschaft in Peking ihre Rückführung aus der chinesischen Provinz Wuhan nach Deutschland beantragt hatten. Die französische Luftwaffe flog sie und weitere Passagiere nach Paris. Dort stiegen diese am Freitag in einen Airbus 310 der deutschen Luftwaffe um und flogen nach Stuttgart.

Am Flugfeld von Ärzten in Empfang genommen

Wegen des in China grassierenden Coronavirus wurden sie nach ihrer Ankunft auf dem Flugfeld von Ärzten und vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Empfang genommen und auf Symptome einer Virusinfektion hin untersucht. „Wir hatten vier Ärzte im Einsatz und haben Temperatur gemessen und Abstriche gemacht“, erläuterte Stefan Brockmann, der Leiter des Kompetenzzentrums beim Landesgesundheitsamt, „aber wir erwarten keine positiven Befunde.“ Diese lägen im Laufe des Abends vor.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist, wie schon bei den beiden vorangegangenen Rückholaktionen in Germersheim und Köpenick, von der Bundesregierung mit der Betreuung und Unterbringung der 15 Fluggäste betraut worden. Mit Unterstützung der Flughafenfeuerwehr wurden Pässe und Gepäck gecheckt, danach brachte sie das DRK mit mehreren Fahrzeugen in das Ateck-Hotel in Kirchheim unter Teck (Landkreis Esslingen). Dort müssen sie für 14 Tage in Quarantäne bleiben.

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„Wir haben das Hotel mit 70 Leuten zu einer Unterkunft ertüchtigt, 21 von uns bleiben dort im Dauereinsatz“, sagte Jürgen Wiesbeck vom DRK Baden-Württemberg. Ursprünglich war eine Unterbringung in einer Unterkunft des Jugendrotkreuzes in Kirchheim geplant. Da seitens der Bundesregierung jedoch kurzfristig eine größere Unterbringungskapazität erforderlich wurde, musste das DRK auf ein geeignetes Hotel in Kirchheim ausweichen, teilt die Pressestelle in Berlin mit. Die Rückkehrer sind nun in Zimmern mit eigenem Bad und Toiletten untergebracht.

Quarantänebereich von Security bewacht

Die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker (SPD) ist eigenen Angaben zufolge am Donnerstag von dem Anruf des DRK überrascht worden. Den Seniorchef des Ateck-Hotels, Rudolf Kübler, ereilte der überraschende Anruf aus Berlin bereits am Mittwoch: Ob er sich vorstellen könnte, sein Hotel als Beobachtungsstation für die deutschen Staatsbürger zur Verfügung zu stellen. Er und seine Tochter, die Geschäftsführerin des Hotels, hätten nach kurzer Bedenkzeit zugesagt. Während der 14-tägigen Quarantäne ist der Betrieb des 80-Zimmer-Hauses eingestellt; nur noch der als Quarantänestation genutzte Seitenflügel des Hotels mit seinen 27 Zimmern wird versorgt. Dramatisch sei das aus Küblers Sicht nicht: „In der Faschingszeit ist die Nachfrage nach Zimmern ohnehin nicht so groß.“

Die Gäste der Quarantänestation werden während ihres Aufenthalts weitgehend separiert: „Sie können nur in Begleitung einzeln raus, damit wir Kreuzkontaminationen vermeiden“, sagt Stefan Brockmann vom Landesgesundheitsamts. Zur Verfügung steht den Gästen eine kleine Grünfläche, die vom Technischen Hilfswerk mit einem Sichtschutzzaun abgegrenzt worden ist. „Wir sorgen für ihr Wohl, damit es keinen Grund für einen vorzeitigen Abbruch der Quarantäne gibt“, erläutert Michael Sieland vom DRK Berlin, für die Kinder gebe es Möglichkeiten zum Spielen und Toben.

Vor dem Eingang des Quarantäne-Trakts haben zwei Mitarbeiter der Firma B.E.S.T. Position bezogen. Sie lassen niemanden in den Quarantänebereich. Die Firma mit Hauptsitz in Berlin und einer Dependance in Ludwigsburg wird, so kündigt einer der Security-Männer an, in den kommenden zwei Wochen rund um die Uhr mit jeweils mindestens zwei Mitarbeitern das Gebäude bewachen. Sorge, dass er sich selber anstecken könnte, hat er nicht: „Bisher hat uns niemand gesagt, dass wir einen Mundschutz tragen sollen“, erzählt er. Deshalb werde er auch darauf verzichten: „Schließlich wollen wir nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen.“

In der Nachbarschaft des Hotels stößt die erste Quarantänestation in Baden-Württemberg auf unterschiedliches Echo. Der Chef des direkt neben dem Hotel beheimateten Edelfriseurs erklärt, er sehe das ganz gelassen. Das gelte aber nur für ihn persönlich: „Meine Mitarbeiterinnen sind in heller Panik.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: Er rechne fest damit, dass sich die eine oder andere krank melden werde.

„Die Behörden werden schon wissen, was sie tun“

Die Verkäuferin im nahe gelegenen Fressnapf sieht es ebenfalls sehr entspannt: „Die Behörden werden schon wissen, was sie tun.“ Deshalb habe sie keine Angst, dass nun Kirchheim zum besonders gefährdeten Gebiet wird. Ganz anders reagiert eine Verkäuferin im benachbarten Getränkegroßmarkt. Seit Wochen lebe sie in Panik vor Corona, das jetzt sei für sie persönlich „ganz schlimm“.

Bereits am Mittwoch hatten Mitarbeiter des Landratsamts an die Nachbarn des Hotels Informationsblätter verteilt, in denen die Details der Unterbringung erläutert werden. Betont wird, dass eine Gefährdung der Bevölkerung ausgeschlossen werden könne. Gesundheitsminister Manne Lucha betonte in einer Pressemitteilung vom Freitag: „Baden-Württemberg ist gut vorbereitet, für die Bevölkerung besteht weiterhin kein Grund zur Sorge.“