Bund und Länder haben sich auf weitergehende Ausgangssperren verständigt. Foto: dpa/Jens Büttner

Viele Einschränkungen gelten bereits. Doch nach Einschätzung der Verantwortlichen reichen sie nicht aus, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Lockerungen sind in der Bund-Länder-Runde kein Thema.

Berlin - Wegen der immer noch hohen Corona-Infektionszahlen steht Deutschland vor einer Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar und weiteren Verschärfungen zur Reduzierung der Kontakte. In einem am Dienstag vom Bundeskanzleramt an die Länder geschickten Beschlussentwurf zur Bund-Länder-Runde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die Fortsetzung des Lockdowns bis zum 31. Januar vorgeschlagen. Die bestehenden Kontaktbeschränkungen sollen demnach massiv verschärft werden. Der endgültige Beschluss und die abschließende Pressekonferenz wurden für den frühen Abend erwartet.

Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer

Bund und Länder haben sich nach Angaben aus Teilnehmerkreisen darauf verständigt, dass in Landkreisen mit hohen Corona-Infektionszahlen weitere Maßnahmen zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort ergriffen werden sollen. Gelten solle dies für Landkreise mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern - sofern kein triftiger Grund vorliegt. Tagestouristische Ausflüge sollen demnach keinen triftigen Grund darstellen, wie es in den Teilnehmerkreisen hieß. Laut dem Entwurf für ein Beschlusspapier weisen derzeit über 70 Landkreise eine Inzidenz von über 200 auf.

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Nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins „Business Insider“ soll Merkel den Vorschlag zum Bewegungsradius am Montagabend in einer Vorbesprechung unterbreitet haben. Zuvor hatte in einer weiteren Runde auch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Expertin des Max-Planck-Instituts erklärt, dass es zur Senkung der Infektionszahlen „möglicherweise“ eine „Stay-at-home“-Anordnung beziehungsweise einen eingeschränkten maximal fünf Kilometer großen Bewegungsradius um den Wohnsitz brauche. Sinnvoll sei auch eine Reduktion der Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr auf 25 Prozent der Sitzplätze.

In Deutschland gibt es einen eingeschränkten Bewegungsradius bisher nur in Sachsen. Hier dürfen sich die Bürger nur maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen, etwa um Sport zu treiben oder zum Einkauf. Für das ebenfalls stark von Covid-19 betroffene Thüringen hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nun eine entsprechende Regelung vorgeschlagen.

Eingeschränkter Bewegungsradius in anderen EU-Staaten

Andere europäische Staaten haben bereits Erfahrungen mit solchen Maßnahmen gesammelt. Allerdings waren und sind diese dort oft mit anderen Einschränkungen kombiniert worden - etwa einer nächtlichen Ausgangssperre - und teilweise auch deutlich strenger. So durften etwa die Menschen in Frankreich zeitweise nur mit triftigem Grund vor die Tür. Für Spaziergänge oder Sport galt eine Begrenzung von einer Stunde pro Tag in einem Radius von maximal einem Kilometer zur eigenen Wohnung. In Katalonien im Nordosten Spaniens war vergangene Woche angeordnet worden, dass die Menschen ihre eigene Gemeinde zehn Tage lang nur mit triftigem Grund verlassen dürfen, etwa um zur Arbeit zu fahren.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer hält solche Einschränkungen für unsinnig. Er sagte: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen Bewegung und Ansteckung. 50 Kilometer alleine im Auto sind kein Ansteckungsrisiko, 5 Kilometer in einer voll besetzten U-Bahn schon.“

Mehrheit für Verlängerung des Lockdowns

Eine große Mehrheit der Deutschen ist für eine Verlängerung des Lockdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich fast zwei Drittel der Befragten dafür aus, die Einschränkungen mindestens in der bisherigen Härte über den 10. Januar hinaus fortzuführen. 41 Prozent sind für eine unveränderte Beibehaltung, weitere 24 Prozent sogar für eine Verschärfung. Dagegen befürworten nur 17 Prozent eine Lockerung des Lockdowns und nur jeder Zehnte (11 Prozent) ist für eine komplette Aufhebung aller Einschränkungen.

Schleppender Start der Covid-19-Impfungen

Weiteres Thema der Bund-Länder-Runde waren die Impfungen. Die sind bisher nur bestimmten Gruppen zugänglich, etwa sehr alten Menschen. Strittig ist nach wie vor die Frage, wer die Verantwortung für den schleppenden Start der Covid-19-Impfungen in Deutschland trägt und wie da mehr Tempo gemacht werden kann. „Es ist entscheidend, dass Deutschland ausreichend Impfstoff zur Verfügung hat und die Impfungen koordiniert, zügig und konsequent ablaufen“, sagte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck. „Die Produktionskapazitäten und die verfügbare Impfstoffmenge müssen schnellstmöglich erhöht werden, die Abwicklung muss laufen.“

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen sagte: „Unabhängig davon, wie man zur Corona-Impfung steht, sollte jeder Bürger die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen.“ Die Bundesregierung habe bei der frühzeitigen Beschaffung einer ausreichenden Menge von Impfstoff versagt. Auch in anderen europäischen Staaten müssen sich Regierungsverantwortliche aktuell kritische Fragen zu ihrer Strategie für die Beschaffung und Verabreichung der Impfstoffe gegen Covid-19 gefallen lassen.

Schulen laut Beschlussvorlage bis Ende Januar geschlossen

Unklar blieb zunächst aber, ob es regionale Schulöffnungen nach dem 10. Januar geben soll. In der Beschlussvorlage hieß es, dass die Schulen generell bis Ende Januar geschlossen bleiben sollen. Bei einer „deutlichen Verbesserung des Infektionsgeschehens“ soll in einzelnen Ländern zunächst in den Jahrgängen eins bis sechs eine Rückkehr zum Präsenzunterricht ab Anfang Februar ermöglicht und in einem weiteren Schritt Hybridunterricht (Wechselmodell) verlängert werden. Noch offen war, ob bereits im Januar für Grundschüler bei zurückgehenden Infektionen Wechselunterricht angeboten werden kann.