Die SPD wollte es anders, doch der Landtag hält mehrheitlich an dem geplanten Ende der meisten Zugangsbeschränkungen ab dem 3. April fest. (Symbolbild) Foto: dpa/Martin Schutt

Trotz der weiterhin hohen Infektionszahlen in Baden-Württemberg hat der Landtag gegen den Vorschlag votiert, das ganze Land zum „Hotspot“ zu erklären. SPD und Grüne machen sich gegenseitig Vorwürfe.

Der Landtag hält den baldigen Wegfall nahezu aller Corona-Schutzmaßnahmen trotz hoher Infektionszahlen nicht auf. Eine große Mehrheit aus Grünen, CDU, FDP und AfD lehnte am Mittwoch den Antrag der SPD ab, das ganze Land zum „Hotspot“ zu erklären. Mit einem solchen Beschluss hätten Maßnahmen wie Maskenpflicht und 3G-Zugangsregeln zumindest im April aufrechterhalten werden können.

Die grün-schwarze Koalition hält das Ende der Schutzmaßnahmen nach einer Übergangszeit bis zum 2. April zwar auch für einen Fehler. Jedoch sehen Grüne und CDU durch das neue Infektionsschutzgesetz der Ampel-Bundesregierung keine rechtliche Grundlage mehr für eine landesweite Verlängerung der Maskenpflicht und Zugangsbeschränkungen.

Droht dem Gesundheitssystem der Kollaps?

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ließ Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in die Debatte zitieren und hielt ihm vor, die gesetzlichen Möglichkeiten nicht auszuschöpfen. „Wenn wir wollen, können wir handeln“, rief der Oppositionsführer. Die Kliniken seien am Anschlag, es sei auch wegen vieler Ansteckungen beim Personal kein Normalbetrieb möglich. „Unserem Gesundheitssystem droht also die Überlastung.“ Das sei die Voraussetzung im Bundesgesetz, um zu handeln. „Wir können das Land zum Hotspot erklären, um nicht alle Maßnahmen fallen lassen zu müssen.“ Andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern oder Hamburg machten das jetzt.

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Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz warf der SPD Populismus vor. Wenn es den Sozialdemokraten um die Sache gehen würde, hätten sie auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingewirkt. Das Bundesgesetz sei für die Länder fast nicht umsetzbar. „Die Hotspot-Regelung ist nicht mal das Papier wert, auf dem sie steht.“ Die Grünen würden das Pandemiegeschehen „engmaschig beobachten“, zudem behalte man sich vor, mit der grünen Bundestagsfraktion in der Sache nochmal aktiv zu werden.

FDP: Land darf nicht letztes „gallisches Dorf“ sein

Die FDP, die in der Ampel im Bund auf eine Rückkehr zu mehr Normalität gedrungen hatte, hält Schutzmaßnahmen nicht mehr für nötig. „Die Grundlagen für Freiheitseinschränkungen sind nicht mehr gegeben“, sagte ihr Fraktionsvize Jochen Haußmann. Die Kliniken und Intensivstationen seien längst nicht mehr so stark belastet wie noch Ende vergangenen Jahres. Er begrüßte, dass die Ampel Kretschmann Einhalt gebiete. Unter dem Ministerpräsidenten sei Baden-Württemberg das „letzte gallische Dorf“ geworden, das immer weiter an Einschränkungen festhalten wolle. Die Lockerung der Maßnahmen sei aber richtig: „Machen wir mehr German Mut als German Angst.“ Auch die AfD sprach sich dafür aus, die Schutzmaßnahmen auslaufen zu lassen.

Auch regionale Hotspots nicht in Sicht

Nach jetzigem Stand könnte es bei einer Zuspitzung der Pandemie höchstens regional schärfere Auflagen für bestimmte Hotspots geben. Kretschmann hatte am Dienstag gesagt, diese stünden aber zunächst nicht an. „Im Moment sind wir von einer Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen noch weit entfernt. Insofern müssen die Leute nicht damit rechnen, dass wir im Moment zu Hotspot-Regelungen kommen.“ Der Koalitionspartner CDU ist wegen der rechtlichen Unsicherheiten sogar ganz dagegen, auf die Hotspot-Regelung zurückzugreifen.

Am Samstag waren im Südwesten Kontaktbeschränkungen und auch Kapazitätsgrenzen für Veranstaltungen komplett weggefallen. Zuvor hatten Bundestag und Bundesrat das neue Infektionsschutzgesetz auf Vorschlag der Ampel-Regierung beschlossen. Wie alle anderen Bundesländer nutzt Baden-Württemberg seitdem die Übergangsregel im neuen Gesetz, um die Maskenpflicht und Zugangsbeschränkungen bis zum 2. April aufrechterhalten zu können. Als Basis-Schutzmaßnahmen soll danach noch eine Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr oder in Krankenhäusern möglich sein.