Ab Donnerstag will das Land Baden-Württemberg nächtliche Ausgangssperren für regionale Corona-Hotspots erlassen. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Wann kommt Licht am Ende des Corona-Tunnels? Vor der Konferenz mit Kanzlerin und Ministerpräsidenten drückt Kretschmann auf die Bremse. Auch bei den Ausgangsbeschränkungen bleibt der Grüne bei einer harten Linie - da hat sich mancher zu früh gefreut.

Stuttgart - Baden-Württemberg will von Donnerstag an nächtliche Ausgangsbeschränkungen für regionale Corona-Hotspots ab einem Schwellenwert von 50 Infektionen pro 100 000 Einwohnern in einer Woche verhängen. Die Sperre soll zwischen 21.00 und 05.00 Uhr gelten. Nach jüngsten Zahlen des Landesgesundheitsamts beträfe sie immer noch mehr als die Hälfte der 44 Stadt- und Landkreise.

Zuvor hatte der Verwaltungsgerichtshof die landesweite Ausgangssperre von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr gekippt. Zu der Umstellung auf eine regionale Lösung sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag in Stuttgart: „Wir hatten das ohnehin vor.“ Der Grünen-Politiker sieht trotz sinkender Infektionszahlen keinen Grund zur Entwarnung.

Die neuen Mutationen des Virus verbreiteten sich schon stark, sagte Kretschmann. „Das bringt eine erhebliche Unsicherheit in die Planung rein.“ Vor der Konferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den anderen Ministerpräsidenten sei man sich einig, dass Kitas und Grundschulen wieder geöffnet werden sollen. „Wir gehen jetzt erstmal stufenweise vor. Priorität haben Kindertagesstätten und Grundschulen. Darin besteht Konsens zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten.“

Regierungschef verteidigt Ausgangssperre

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) betonte: „Die Situation von Familien und von Kindern, insbesondere von kleinen Kindern, ist beängstigend.“ Sie warb erneut für Massentests, um das Virus besser im Griff zu behalten und Lockerungen ins Auge fassen zu können. Kretschmann sagte, Öffnungen in anderen Bereichen wie bei Frisören, Geschäften und Gastronomie müssten schrittweise und entlang der Infektionszahlen erfolgen. Die Kontaktbeschränkungen - Kern des Lockdowns - sollen über den 14. Februar hinaus weiter gelten. Demnach darf sich ein Haushalt nur mit einer weiteren Person treffen.

Kretschmann erklärte, nach dem Gerichtsbeschluss entfielen auch die Ausgangsbeschränkungen am Tag zwischen 05.00 und 20.00 Uhr. In dieser Zeit sollte man nur aus triftigem Grund die Wohnung verlassen - etwa um zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt zu gehen. Der Regierungschef verteidigte erneut die bundesweit schärfsten Regelungen am Abend und in der Nacht. Sie seien einer der Gründe, warum Baden-Württemberg bei den Fallzahlen am besten dastehe. Die sogenannte 7-Tage-Inzidenz lag landesweit bei 59,2.

Stuttgart unter 50

Der Grünen-Politiker betonte, die Regelung werde auch eine gewisse Schwankung um den Schwellenwert 50 berücksichtigen, damit man bei kleineren Veränderungen nicht immer den Kurs ändern müsse. Im Entwurf des Gesundheitsministerium heißt es dazu, die Ausgangsbeschränkung trete in Kraft, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 an drei Tagen in Folge überschritten und das zuständige Gesundheitsamt zugleich ein „diffuses Infektionsgeschehen“ feststelle - also wenn man einen Anstieg nicht genau zuordnen kann, etwa in einem Pflegeheim.

Hintergrund für das Tempo ist auch, dass man über Fastnacht keine Lücke bei den Ausgangsbeschränkungen lassen möchte. „Ich gehe davon aus, dass keine Fastnacht stattfindet in dem gewohnten Rahmen“, sagte Kretschmann. Er habe die begründete Hoffnung, dass sich Leute an die Regelungen halten werden.

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Nach Zahlen des Landesgesundheitsamts vom Montag liegen 18 der 44 Stadt- und Landkreise bei der Sieben-Tage-Inzidenz unter 50. Erstmals seit dem 10. Oktober unterschritt auch die Landeshauptstadt Stuttgart wieder diese Schwelle. Auch andere Städte wie Tübingen (30,6) Heidelberg (35,9), Freiburg (46,7) oder Karlsruhe (49,0) sind darunter. Mannheim (63,4) und Ulm (62,3) und Pforzheim (76,2) liegen noch darüber. Vier Stadt- und Landkreise im Südwesten befinden sich noch über 100: der Hohenlohekreis (130,5), Heilbronn (115,3), der Landkreis Calw (105,5) und der Kreis Waldshut (103,5).

Der Verwaltungsgerichtshof hatte verfügt, dass die nächtliche Ausgangssperre im Südwesten zum letzten Mal in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Anwendung finden darf. Das Gericht gab dem Eilantrag einer Klägerin aus Tübingen statt, weil die Maßnahme angesichts der regional sinkenden Zahlen nicht mehr verhältnismäßig sei. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte auch die neue regionale Regelung: „Es darf jetzt keine neue Gängelung der Bevölkerung geben.“