Es gibt auch Bereiche, die trotz oder gerade wegen der Krise von steigenden Umsätzen profitieren – zum Beispiel der Fahrradhandel. (Symbolbild) Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Corona-Pandemie trifft längst nicht alle Wirtschaftsbranchen gleich heftig - es gibt auch Bereiche, die trotz oder gerade wegen der Krise von steigenden Umsätzen profitieren. Einige Beispiele.

Stuttgart - Die Liste der coronabedingt gebeutelten Wirtschaftsbereiche ist lang. Aber es gibt auch Unternehmen und Branchen, die von Lockdowns und der Krise profitieren. Eine Auswahl:

HANDEL I: Zehntausende Einzelhändler dürfen ihre Geschäfte seit Wochen nicht öffnen und waren auch schon vom ersten Lockdown im Frühjahr 2020 arg getroffen worden. Doch in der Krise haben sich etliche Betriebe auch neu erfunden, Onlineshops eröffnet oder diese beträchtlich erweitert. Die Onlineverkäufe der Händler im Südwesten sind seit Beginn der Pandemie nach Angaben des Handelsverbands Baden-Württemberg „deutlich“ gestiegen. Konkrete Zahlen fürs Land lägen nicht vor, bundesweit sei das Onlinegeschäft Hochrechnungen zufolge aber 2020 im Jahresvergleich um rund 21 Prozent geklettert. „Die Corona-Pandemie hat das Onlinewachstum enorm beschleunigt. Nahezu jedes Unternehmen hat in den Shutdown-Zeiten Wege gesucht, online zu verkaufen. Inwieweit diese extreme Dynamik anhält, hängt stark vom weiteren Pandemieverlauf ab – somit ist mindestens in der ersten Jahreshälfte mit anhaltender Dynamik zu rechnen“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes, Sabine Hagmann.

Fahrradhändler sowie Möbel- und Baumärkte machen gute Geschäfte

HANDEL II: Abseits vom Onlinegeschäft machen auch ganz bestimmte Handelsbereiche in Pandemiezeiten gute Geschäfte: Dazu zählen neben dem Lebensmitteleinzelhandel und Drogerien - die während aller Shutdowns geöffnet bleiben durften - beispielsweise auch viele Fahrradhändler sowie Möbel- und Baumärkte, die vor allem im Frühjahr und Sommer gefragt waren. Im Lebensmittelhandel stiegen die Umsätze im Südwesten 2020 nach Angaben des Statistischen Landesamts um 8,4 Prozent. Hagmann sagt, einzelne Handelsbereiche seien „relativ gut“ durch die Krise gekommen. „Allerdings will ich betonen, dass die positiven Umsatzzahlen einen Durschnitt aller Geschäfte abbilden und dass einzelne Händler – auch aus dem Lebensmittel- oder dem Fahrradhandel – durchaus mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hatten.“

SPIELWARENHERSTELLER: In Pandemiezeiten halten sich die Menschen stärker in den eigenen vier Wänden auf - und suchen teils nach Beschäftigungsmöglichkeiten. Davon profitieren Spielwarenhersteller wie Ravensburger: Der Umsatz des Konzerns vom Bodensee stieg 2020 im Jahresvergleich um satte 20 Prozent. 28 Millionen Puzzles verkaufte das Unternehmen weltweit - rund 32 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Wir sehen es in aller Demut, dass wir in einer Branche sind, die weniger von der Krise gebeutelt wird als andere“, sagt Vorstandschef Clemens Maier. Auch der Spielfigurenhersteller Schleich aus Schwäbisch Gmünd meldete steigende Umsätze. Der Göppinger Modelleisenbahnbauer Märklin verzeichnete im Jahresvergleich gar ein Auftragsplus im mittleren zweistelligen Prozentbereich. Begründung: Viele Menschen hätten 2020 „auffallend mehr Zeit mit ihrem Hobby verbracht, und andere ein neues Hobby für sich entdeckt“.

Pharmakonzerne profitieren von der beschleunigten Forschung

CHEMIE-/PHARMABRANCHE: Die pharmalastige Südwest-Chemiebranche vermeldete für das Jahr 2020 jüngst ebenfalls ein Umsatzplus. Zu verdanken hat sie dies vor allem einer guten Entwicklung der Pharmaunternehmen im Land, die fast 40 Prozent der gesamten Chemiebranche ausmachen. Jeder vierte Pharma-Arbeitsplatz bundesweit ist nach Angaben des Branchendachverbands Chemie.BW in Baden-Württemberg angesiedelt. Die Pharmakonzerne profitieren in Krise von der beschleunigten Forschung und Entwicklung bei Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika für die Bekämpfung der Pandemie. Auch legten viele Ärzte und Apotheken schon zu Beginn der Krise Medikamentenvorräte an, was die Umsätze der Konzerne trieb.

APOTHEKEN: Wer denkt, Apotheken in ihrer Rolle als Medikamenten- und Maskenausgabestellen seien natürliche Gewinner der Corona-Pandemie, der liegt nicht ganz richtig. Ersten Schätzungen zufolge werde der Umsatz wohl auf Vorjahresniveau liegen, hieß es vom Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Das habe auch mit gestiegenen Schutzmaßnahmen in der Bevölkerung zu tun. Die Menschen seien sensibilisiert worden, Mund-Nasen-Masken zu tragen und sich häufiger die Hände zu waschen - somit sei die Zahl kleinerer Infekte gesunken. Das habe zu einem rückläufigen Geschäft mit verschreibungs- und apothekenpflichtigen Medikamenten geführt. Der Ansturm auf Masken und Desinfektionsmittel aber habe die Bilanz vieler Apotheken gerettet.