Das Interesse an einer zweiten Boosterimpfung ist eher gering. Foto: dpa/Fabian Sommer

Der milde Verlauf der Corona-Variante Omikron bringt den Hospitälern in Baden-Württemberg wieder Stabilität. Aber wegen hoher Krankenstände zieht manche Klinik die Reißleine.

Stuttgart - Wie stark die Omikron-Variante das Gesundheitssystem belastet, gilt als Schlüsselfrage für Öffnungsschritte. Die Landesregierung wird am Montag hierzu Experten anhören. Eine Umfrage bei großen Krankenhäuser in Baden-Württemberg ergab einen Trend: Omikron verläuft insbesondere bei Geimpften milder als bei Delta, Intensivstationen sind entlastet, aber Personalausfälle durch Krankheit und Quarantäne machen vielfach Sorgen. Am Sonntag hat das Landesgesundheitsamt 287 Covid-Patienten auf den Intensivstationen im Land gemeldet, weniger als die Hälfte als noch Anfang Dezember des letzten Jahres.

Covid-Kranke liegen meist auf Normalstationen

„Die Situation im Klinikum Stuttgart ist stabil“, sagt Jan Steffen Jürgensen, Chef des größten Krankenhauses im Land. Die Zahl der Covid-Patienten sei zwar wieder leicht gestiegen sowohl auf Intensiv- als auch Normalstationen. 15 Covid-Kranke werden intensivmedizinisch versorgt. „Aber die Zahlen liegen deutlich unter den Spitzenwerten, die wir vor gut einem Jahr hatten“, so Jürgensen. Man habe das Operationsprogramm fast wieder auf Normalniveau hochgefahren. Der Unterschied von Omikron zu Delta sei, dass bei der neuen Variante das Risiko eines schweren Verlaufs mit intensivmedizinischer Behandlung „wesentlich niedriger“ sei. Die Fallsterblichkeit bei Omikron liege bei einem Zehntel der einer Delta-Infektion.

Ähnlich sieht es am Uniklinikum Heidelberg aus: „Bisher führen die Infektionen mit Omikron primär zu Hospitalisierungen auf Normalstationen, der Eintrag auf Intensivstationen ist derzeit gering“, sagt Sprecher Jens Neus. Bei der Uniklinik Ulm stößt Nina Schnürer ins gleiche Horn: „Generell beobachten wir einen Rückgang der Patienten mit schweren Covid-Erkrankungen.“ Allerdings sei der Krankenstand höher als üblich. Auch die Uniklinik Tübingen berichtet von Entspannung auf der Intensivstation – sie hat acht Covid-Patienten, die Hälfte im Vergleich zu November 2021 – aber ebenfalls einen höheren Krankenstand. „Die Personalsituation ist wegen Erkrankungen, Quarantäne und Tätigkeitsverboten angespannt“, heißt es auch im Klinikum Karlsruhe, wo drei Covid-Kranke auf Intensiv liegen. Obwohl 94 Prozent des Personals voll geimpft sind, seien letzte Woche 45 Mitarbeiter positiv getestet worden – zwei Wochen zuvor waren es gar 76 „Positive“.

Der Krankenstand steigt

„Der Trend geht deutlich hin zu weniger schweren Verläufen“, stellen auch die SLK-Kliniken in Heilbronn fest. Aber 70 Mitarbeiter – fast drei Prozent der Belegschaft – fehlten dort wegen einer Corona-Infektion. Hinzu kämen die anderen Krankmeldungen. Bei den Krankenhäusern des Gesundheitsverbundes im Kreis Konstanz (GLKN) hat man wegen Personalnot die Reißleine gezogen. Von der rasant steigenden Infektionszahl im Kreis sei vermehrt das Personal der Konstanzer Kliniken betroffen. „Wir müssen im Klinikverbund verschiebbare Operationen und Eingriffe vorübergehend einschränken“, sagte GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber.

Alle Krankenhäuser erwarten eine baldige Trendwende. An der Uniklinik Freiburg rechne er in zwei oder drei Wochen mit dem Höhepunkt der Omikron-Welle. Jürgensen vom Klinikum Stuttgart: „Wir erwarten den Höhepunkt in der zweiten Februarhälfte und gehen von einem Sinken der Zahl stationärer Coronafälle von Anfang März aus.“

Entspannung bei den Hausärzten

Das spüren auch Hausärzte. Laut einer Wochenumfrage der Kassenärztlichen Vereinigung sagen nur neun Prozent der Hausärzte, dass sie sich überlastet fühlten. Thomas Heyer vom Hausärzteverband: „Die Coronalage entspannt sich.“ Organisatorisch laufe die zweite Boosterimpfung – also die vierte Impfung – wie eine Grippeimpfung ab. Aber jeder zweite Betroffene wolle abwarten, weil er die Gefahr nicht mehr hoch einschätze: „Wir Hausärzte müssen unsere Patienten aktiv ansprechen und überzeugen.“