Hertha BSC muss nach dem nächsten Coronafall als erster deutscher Fußball-Erstligist in komplette Quarantäne und wird damit zu den anstehenden drei Ligaspielen nicht antreten können Foto: dpa/Andreas Gora

Als erster Bundesligist muss Hertha BSC in dieser Saison nach vier positiven Corona-Tests in häusliche Quarantäne. Die nächsten drei Spiele müssen verschoben werden. Die Schutzmechanismen stoßen trotz verschärfter Hygiene-Maßnahmen an ihre Grenzen.

Berlin - Jetzt wird es noch härter für Hertha - die Bundesliga hat die ersten Corona-Spielausfälle in dieser Saison. Nach den drei positiven Tests bei Cheftrainer Pal Dardai, Assistenzcoach Admir Hamzagic und Stürmer Dodi Lukebakio kam beim abstiegsbedrohten Berliner Fußball-Erstligisten am Donnerstagabend ein weiterer Fall dazu. Auch Außenbahnspieler Marvin Plattenhardt wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Das zwingt die komplette Mannschaft und den Trainerstab „mit sofortiger Wirkung in eine 14-tägige häusliche Quarantäne“, teilte Hertha mit.

Das heißt: Hertha BSC muss bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) die Absetzung der nächsten drei Spiele beim FSV Mainz 05, gegen den SC Freiburg und bei Schalke 04 beantragen. Aus gesundheitlicher Sicht sei die komplette Isolierung des Teams „absolut der richtige Schritt“, erklärte Sportdirektor Arne Friedrich. Der ehemalige Nationalspieler hatte als Interimscoach für Dardai das Training übernommen und am Donnerstagnachmittag die erste Übungseinheit geleitet. Nach dem Training folgte der nächste Schock. Damit werden auch generelle Fragen zum Profifußball in der schwierigen Phase der Corona-Pandemie neu aufgeworfen.

Das Team muss in Quarantäne

Nach den ersten drei positiven Testergebnissen hatte das Gesundheitsamt noch angeordnet, die Mannschaft, das Trainerteam und die engen Mitarbeiter um den Kader bis zum 28. April in einem gemeinsamen Quartier zu isolieren und nicht in häusliche Quarantäne zu schicken. Das galt zunächst auch für Trainersohn Marton Dardai als Kontaktperson K2, da er nicht mehr im Elternhaus wohnt.

Doch mit dem vierten Corona-Fall änderte sich die Situation. In der Lage sei der „Spielbetrieb nicht aufrecht zu erhalten“, hatte Detlef Wagner, Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit vom zuständigen Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, bei bild-online erklärt. Es gebe „keine Lex-Hertha - schon gar nicht von unserem Gesundheitsamt“.

„Das bedeutet, dass mein Amtsarzt die komplette Mannschaft unter Quarantäne gestellt hat“, ergänzte Wagner im rbb-Fernsehen: „14 Tage sind Pflicht.“ Damit kommen die gesamte Liga und speziell Hertha sechs Spieltage vor Saisonende in eine prekäre Lage. Bisher mussten nur in der 2. Liga bei den jüngsten Corona-Fällen bei Holstein Kiel, dem Karlsruher SC und dem SV Sandhausen Spiele verschoben werden. „Aus sportlicher Sicht trifft uns das natürlich, denn wir haben nun im Kampf um den Klassenerhalt im Mai sechs Bundesliga-Spiele bis zum Saisonende am 22. Mai 2021 zu absolvieren“, sagte Friedrich.

Die Hertha-Profis sollen sich während der häuslichen Quarantäne unter Anleitung des Trainerteams mit virtuellen Trainingseinheiten fit halten. Das Positive: Alle Betroffenen zeigen nach Vereinsangaben keine Symptome. „Wir nehmen die Situation trotz der schwierigen Umstände an und werden alles in unserer Macht Stehende für ein erfolgreiches Saisonfinale in die Waagschale werfen“, betonte Friedrich. Die Berliner stehen derzeit mit 26 Zählern auf Tabellenplatz 15 und nur durch die Tordifferenz vor den punktgleichen Bielefeldern auf dem Abstiegsrelegationsplatz.

Was sind die Folgen für die Liga?

„Wir hatten nach Rücksprache mit unserem Hygiene-Beauftragen in der zurückliegenden Länderspielpause die Hygienemaßnahmen bereits noch mal verschärft, haben beispielsweise tägliche Schnelltests umgesetzt, bevor sie zur Pflicht im DFL-Hygienekonzept wurden“, berichtete Friedrich, der Ende des Jahres 2019 vom damaligen Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann als Performance Manager installiert worden war. Zuvor musste sich schon Torhüter Rune Jarstein nach einem positiven Test in Quarantäne begeben.

Friedrich war zum Sportdirektor aufgerückt und übernahm nach der Beurlaubung von Geschäftsführer Michael Preetz auch dessen Aufgaben. Der Job wird im Juni an Bobic gehen, der Hertha - wie von Investor Lars Windhorst erhofft - in Richtung „Big-City-Club“ entwickeln soll. Zunächst aber geht es unter verschärften Bedingungen darum, den Absturz in Liga zwei zu vermeiden.

Ob die Entwicklungen bei Hertha die Überlegungen neu beleben, dass sich die gesamte Liga in der Saison-Endphase in ein Quarantäne-Trainingslager begeben soll, bleibt abzuwarten. Die DFL hatte zunächst auf Empfehlung der Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb unter Leitung von Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer beschlossen, angesichts steigender Infektionszahlen ihr Hygienekonzept weiter zu verschärfen. Eine hundertprozentige Sicherheit aber kann auch dies nicht gewähren, wie die jüngsten Fälle bei Hertha zeigen.