Die Pflegekräfte sollen mehr als nur ein „Dankeschön“ für ihren Einsatz bekommen – was genau, ist aber noch nicht überall geklärt. Foto: dpa, /Christoph Schmidt

Bayern prescht vor und will allen Pflegekräften einen eigenen Bonus von 500 Euro für ihren Anti-Corona-Einsatz zukommen lassen. Baden-Württemberg arbeitet noch mit den anderen Ländern an einer bundesweiten Lösung. Manche Tarifparteien sind da schon weiter.

Stuttgart - Dass die Pflegekräfte besondere Anerkennung in der Corona-Krise verdienen, hat sich herumgesprochen. Aus der Reihe der Bundesländer ist Bayern vorgeprescht: Einmalig 500 Euro will die Regierung jedem Mitarbeiter in Krankenhäusern, Reha-Kliniken, Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen zukommen lassen – und zwar über mögliche Prämien auf Bundesebene hinaus, wie das Kabinett am Dienstag beschlossen hat.

Baden-Württemberg bemüht sich zunächst um Geschlossenheit. Man befinde sich im Gespräch mit den anderen Bundesländern und dem Bund, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums. Es werde eine „möglichst bundeseinheitliche Regelung angestrebt“. Neben dem Staat, der den Steuerzahler vertrete, „sollten sich auch Arbeitgeber und Kassen Gedanken über die finanzielle Aufwertung des Pflegeberufs machen“, mahnt der Sprecher.

Gesundheitsminister Spahn ist auch für den Bonus

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich ähnlich: „Das Ziel, dass es diesen Bonus gibt, unterstütze ich – wir müssen uns darüber einigen, wie wir es erreichen“, sagte der Gesundheitsminister in Stuttgart. Darüber möchte er „gerne mit den Ländern und vor allem mit den Arbeitgebern reden“.

Die gesetzliche Pflegeversicherung hat schon die Bereitschaft signalisiert, für Altenpfleger eine Sonderzahlung von bis zu 1500 Euro zu finanzieren. Die Finanzminister wiederum hatten am Freitag den Weg frei gemacht für eine branchenübergreifende Steuerbefreiung von Zuschlägen bis zu 1500 Euro während der Pandemie.

Nur die gutwilligen Arbeitgeber sind bisher dabei

Auch die Tarifparteien haben vorgelegt, indem sich Verdi und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) auf Eckpunkte eines Tarifvertrages für eine Sonderprämie in der Langzeitpflege und der ambulanten Pflege geeinigt haben. Mit dem Juli-Gehalt erhalten Beschäftigte in Vollzeit eine Sonderprämie von 1500 Euro, Teilzeitbeschäftigte einen Anteil entsprechend ihren Arbeitsstunden. Alle Mitarbeiter im Pflegebereich sollen davon profitieren.

Ob Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Corona-Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklären kann, damit auch die kommerziellen Anbieter zahlen müssen, ist noch offen. Denn es sind aus Gewerkschaftssicht bisher nur gutwillige Arbeitgeber, die die Sonderprämie zahlen. Mit der BVAP verhandelt Verdi ohnehin über einen Pflege-Flächentarif. Er betrifft die Awo, den ASB und den Paritätischen Gesamtverband – das DRK hält sich noch zurück. Auch die wichtigen konfessionellen Träger Caritas und Diakonie sind außen vor, richten sich generell aber nach dem Tarifvertrag im öffentlichen Dienst. Der Arbeitgeberverband der privaten Anbieter (BPA), der etwa ein Drittel des Pflegemarktes abdeckt und Tarifverhandlungen mit Verdi ablehnt, enthält sich bisher auch bei der Pflegeprämie.

Kretschmann will Unterschiede zur Industrie ansprechen

In der Automobilindustrie werden stets Boni auf deutlich höherem Niveau gewährt: 2018 zahlte Daimler die Rekordprämie von 5700 Euro – etwas mehr als in den Jahren davor. Bei Porsche gab es 2019 die bisher höchste Sonderzahlung: 9700 Euro. Auch einige Zulieferer schütteten in den Boomjahren viel Geld aus – alles wohlgemerkt nicht steuerfrei. „Wir merken jetzt, wie wichtig die Pflegekräfte sind“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Über dieses Ungleichgewicht zwischen den Branchen werden wir uns nach der Krise unterhalten müssen.“