Die Zahl der per Labortest bestätigten Corona-Neuinfektionen dürfte demnächst wieder sinken. Foto: dpa/Helmut Fohringer

Die Zahl der an und mit Covid-19 Verstorbenen steigt zeitversetzt zu den vielen bestätigten Neuinfizierten deutlich. Dafür liegt der R-Wert am Mittwoch erstmals unter 1. Das lässt vermuten, dass die Zahl der Neuinfektionen bald sinkt.

Stuttgart - Weiterhin meldet das Robert-Koch-Institut stetig steigende Todesfälle, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion stehen. Am Mittwoch waren es 151, eine Woche davor 89 – das sind Zahlen, wie man sie von Anfang April kennt. Bei den bestätigten Neuinfektionen werden weiterhin täglich neue Höchstwerte berichtet, zuletzt waren es mehr als 17 000. Deswegen sind seit Montag deutliche Beschränkungen in Kraft, um die Zahl der Neuinfektionen und in der Folge auch die der schweren Krankheitsverläufe zu senken.

Was nützen die Maßnahmen? Das lässt sich zuverlässig erst mit zeitlicher Verzögerung beurteilen. Doch das Robert-Koch-Institut (RKI) errechnet mit seinem sogenannten „Nowcasting“, wie viele Menschen sich in Deutschland zuletzt angesteckt haben – selbst wenn noch nicht alle diese Infektionen von den Gesundheitsämtern gemeldet wurden. Daraus wird auch der vielfach berichtete R-Wert errechnet. Liegt er unter 1, dann steckt ein Infizierter weniger als einen weiteren Menschen an – in der Folge sinkt die Zahl der Infizierten.

R-Wert erstmals wieder unter 1

Am Mittwoch meldete das RKI erstmals seit Ende August wieder einen über 7 Tage gemittelten R-Wert unter 1, nämlich 0,98. Statistisch korrekt müsste man sagen, dass der Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 0,88 und 1,08 liegt – und zwar mit Stand 29. Oktober. Eine aktuellere Zahl ist nicht verfügbar, weil sich der R-Wert nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung halbwegs zuverlässig schätzen lässt.

Bedeutsam ist dabei, dass das 7-Tage-R zehn Tage in Folge gesunken ist. Das heißt, dass Infizierte zuletzt weniger Menschen angesteckt haben und in der Folge die Zahl der Neuinfektionen absehbar sinken dürfte.

Das folgende Diagramm zeigt die Entwicklung des 7-Tage-R seit Anfang Oktober – und zwar die vom RKI errechnete Ober- und Untergrenze. Je näher man an die Gegenwart kommt, desto stärker gehen wegen der statistischen Unsicherheit Ober- und Untergrenze auseinander.

In seinem aktuellen Corona-Lagebericht beurteilt das RKI die Entwicklung zurückhaltend. „Da die Zahl der infizierten Personen derzeit in Deutschland sehr hoch ist, bedeutet dies weiterhin eine hohe Zahl von täglichen Neuerkrankungen“, schreibt das Institut. Man wird sich also weiterhin auf deutlich fünfstellige Zahlen bestätigter Neuinfektionen einstellen müssen – vermutlich werden aber bald keine Rekordwerte mehr vermeldet werden.

Nützen die im Oktober beschlossenen Maßnahmen also etwas? Die Bund-Länder-Beschlüsse vom 14. Oktober hatten, wenn überhaupt, nur einen verzögerten Effekt auf die Infektionszahlen. Der vorläufig höchste R-Wert war eine Woche später erreicht, von der eigenen Infektion bis zur Ansteckung eines anderen Menschen dauert es aber laut RKI-Schätzung normalerweise vier Tage.

Seit dem 20. Oktober sinkt der R-Wert. Eine gute Woche später verkündeten Angela Merkel und die Regierungschefs der Bundesländer den seit Montag gültigen Teil-Lockdown.

Wiederholt sich die Entwicklung vom März?

Möglicherweise läuft es mit diesem partiellen Lockdown ähnlich wie mit dem vom März. Damals ging die Zahl der Neuinfektionen bereits vor der Verordnung der einschneidenden Maßnahmen zurück, mutmaßlich auch dank freiwilliger Verhaltensänderungen der Bevölkerung. Die verordneten Einschränkungen führten dann dazu, dass dieser Trend sich verfestigte und die Infektionszahlen bis in den Sommer hinein stetig zurückgingen.

Bei alledem muss eines berücksichtigt werden: Das RKI versucht mit dem Nowcasting, Infektionen zu zählen, die den Gesundheitsämtern noch gar nicht gemeldet oder übermittelt worden sind. Dabei handelt es sich um eine Modellrechnung mit einer gewissen statistischen Unsicherheit. Allerdings hat das RKI sein Rechenmodell mit den seit März gemachten Erfahrungen im Umgang mit der Pandemie und der Übermittlung von Infektionen stetig verbessern können. Somit vermittelt das Nowcasting einen Eindruck von der aktuellen Entwicklung der Pandemie.

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