Eine Infektion mit einer Omikron-Subvariante des Coronavirus führt seltener zu schweren Verläufen, die auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Foto: imago/Addictive Stock/Mikel Allica

Prognosen zufolge werden die Corona-Infektionszahlen im Südwesten in den kommenden Wochen weiter steigen. Zwar kommt es derzeit selten zu schweren Krankheitsverläufen – doch Engpässe drohen aus anderen Gründen.

Fachleute in Baden-Württemberg rechnen mit weiter steigenden Corona-Infektionszahlen in den kommenden Wochen – und deshalb auch wieder mit einer stärkeren Belastung des Gesundheitssystems. An vielen Kliniken im Land steigt die Zahl der Corona-Patientinnen- und Patienten derzeit an. „Wir sehen aber keinen Anlass, von Überlastungen der Normal- und Intensivstationen auszugehen“, sagte Hans-Georg Kräusslich, Virologe am Uniklinikum Heidelberg, in einer Expertenanhörung des Landesgesundheitsministeriums. Zu Problemen könnte es bei hohen Infektionszahlen aber durch Personalausfälle kommen.

Kräusslich rechnet für Herbst mit einem Szenario, in dem Subvarianten von Omikron dominieren, die aber keine schwereren Krankheitsverläufe verursachen als zur Zeit. „Momentan sehe ich nirgendwo Hinweise auf eine neue, besorgniserregende Virusvariante“, sagte der Leiter der Heidelberger Virologie. Aus seiner Sicht müsse angesichts dieser Annahmen nun das Augenmerk verstärkt auf den Schutz von vulnerablen Gruppen und des Personals im Pflegebereich von Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen gelenkt werden. Kräusslich drängt zudem auf eine Verankerung der Maskenpflicht im Infektionsschutzgesetz. „Die Diskussion um deren Nutzen ist schwachsinnig – wir wissen längst, dass medizinischer Mund-Nasen-Schutz schützt.“ Zudem plädierte er für eine erneute Impfkampagne zum Schutz vor schweren Verläufen insbesondere für Ältere und für anlassbezogene Testungen.

Im Herbst und Winter könnte es auch zu einer starken Grippewelle kommen

Die Corona-Infektionszahlen steigen im Südwesten die vierte Woche in Folge wieder an. Auch im Landesgesundheitsamt rechnet man deshalb mit einer Zunahme von Covid-Patientinnen und -Patienten in den Klinken. „Wir werden es diesen Winter aber nicht nur mit Covid zu tun haben“, mahnte Stefan Brockmann, Epidemiologe am Landesgesundheitsamt. In Australien sei die Influenzawelle sehr mächtig, auch hier könnten Atemwegsinfekte verstärkt auftreten.

Die großen Kliniken im Land sehen sich einer Umfrage unserer Zeitung zufolge indes für den Herbst gewappnet. Größere Personalprobleme haben die Unikliniken sowie das Klinikum Stuttgart nach mehr als zwei Jahren Pandemie derzeit offenbar nicht. Eine ungewöhnliche Fluktuation oder signifikante Arbeitszeitkürzungen hat es demnach an den Unikliniken Ulm, Freiburg und Heidelberg sowie am Klinikum Stuttgart nicht gegeben. In Mannheim haben laut einem Sprecher der Uniklinik in den vergangenen zwei Jahren „nicht deutlich mehr“ Mitarbeitende reduziert oder seien längerfristig ausgefallen als in den Jahren zuvor, in Tübingen sei „vereinzelt“ Arbeitszeit reduziert worden.

An den großen Kliniken im Land wurde auch neues Personal eingestellt

An den Universitätskliniken Mannheim, Freiburg und Tübingen wurde in den vergangen beiden Jahren in der Pflege sogar Personal aufgebaut. „Deutlich erhöhen können“ habe man die Zahl der Pflegekräfte auch am Klinikum Stuttgart, zudem wurden dort die Kapazitäten in der Intensivbehandlung erweitert. Und am Uniklinikum Ulm beobachtet man eine Zunahme an Interessentinnen und Interessenten in der Intensivpflege.

Zu Engpässen führen mitunter aber höhere Krankenstände. Am Universitätsklinikum Tübingen etwa sieht man nach wie vor „deutlich spürbare, krankheitsbedingte Ausfälle in der Belegschaft, wahrscheinlich auch wegen Corona-Infektionen“, so Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor.