Einigen Schülern in Baden-Württemberg bereitete das Mathe-Abi große Kopfschmerzen. Foto: dpa/Armin Weigel

Die Abiturvorbereitungen wurden bereits durch die Corona-Beschränkungen erschwert, jetzt klagen Abiturienten, die Mathe-Prüfungen seien zu anspruchsvoll gewesen. In einer Petition fordern sie eine Anpassung der Bewertung.

Stuttgart - Die Unsicherheit vor dem Abitur war in diesem Jahr besonders groß. So mancher Schüler, dem digitaler Unterricht und selbstständiges Lernen weniger liegt, litt bei den Abi-Vorbereitungen unter den Corona-Maßnahmen. Trotzdem konnten die schriftlichen Prüfungen in Baden-Württemberg wie geplant stattfinden – jetzt macht sich jedoch eine Welle des Protests breit.

Das Mathe-Abitur am 26. Mai scheint so viele Schüler zur Verzweiflung gebracht zu haben, dass eine Online-Petition gestartet wurde, um dagegen vorzugehen. Darin heißt es, die Mathe-Aufgaben seien in diesem Jahr „unverhältnismäßig schwer“ gewesen, insbesondere die Analysis-Wahlteile stünden „in keinem Verhältnis zu den vergleichbaren Teilen der letzten Jahre“. Gefordert wird, dass die Bewertung der Klausur entsprechend angepasst wird. Über 5000 Abiturienten in Baden-Württemberg haben die Petition bereits unterzeichnet.

Was wird kritisiert?

Laut den Initiatoren waren einige Aufgaben „viel zu komplex“ oder „quasi unlösbar“, wenn man die vorherigen Teilaufgaben nicht geschafft hatte. Es sei außerdem ein Thema Gegenstand der Prüfung gewesen, das nicht auf dem Lehrplan gestanden hatte, was „zu einer wirklichen Verunsicherung und gewissen Ratlosigkeit geführt“ habe. Die Mathe-Prüfung sei deshalb „in der Kürze der vorgegebenen Zeit zu schwer und gleichzeitig deutlich schwerer als das vergleichbare Abitur 2019“ gewesen.

Die Initiatoren der Petition weisen auch darauf hin, dass das Schwierigkeitsniveau angesichts der Corona-Krise „nicht leistungsgerecht“ sei. Bei den Abiturvorbereitungen hätten die Schüler „viel einbüßen“ müssen, geübt worden sei vor allem mit Aufgaben aus den Abiturprüfungen der vergangenen Jahrgänge. Das diesjährige Mathe-Abitur sei jedoch so viel anspruchsvoller gewesen, dass es nicht angemessen vorbereitet werden konnte.

Schüler-Petitionen gibt es inzwischen häufig

Es ist bereits der fünfte Jahrgang in Folge, der in Baden-Württemberg über zu schwere Abiturprüfungen klagt. Vor allem das Mathe-Abitur wurde in den Vorjahren vielfach kritisiert, dreimal (2016, 2017, 2019) wurden Petitionen eingereicht. Vor zwei Jahren wurde das Englisch-Abitur zur Zielscheibe. Keine der Klausuren hat sich allerdings als unverhältnismäßig anspruchsvoll erwiesen, zu einer Anpassung der Bewertung kam es bislang nie.

Daher geht auch Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann gelassen mit den Beschwerden um. „Ein Abitur ohne Online-Petition kann man sich heutzutage schon fast nicht mehr vorstellen. Deshalb sollten wir zunächst die Ergebnisse abwarten. Wir werden dieses Thema jedoch im Blick behalten“, so ein Sprecher. Sollte der Notendurchschnitt in diesem Jahr bedeutend schlechter ausfallen als in den Vorjahren, würde über weitere Maßnahmen und gegebenenfalls eine Berücksichtigung bei der Bewertung beraten.

Abituraufgaben wurden kritisch geprüft

Dass eine Anpassung der Benotung nötig sein wird, erscheine eher unwahrscheinlich. Bei der Erstellung und Prüfung der diesjährigen Abituraufgaben sei die Corona-bedingte Sondersituation stark berücksichtigt worden, so ein Sprecher des Kulturministeriums. Alle Abitur-Prüfungsaufgaben seien noch einmal besonders begutachtet worden, um sicherzustellen, dass sie angemessen und pädagogisch fair sind. Dies sei auch beim Mathe-Abitur geschehen.

Laut dem Institut für Bildungsanalysen (IBBW), welches mit der kritischen Nachprüfung beauftragt worden war, entsprechen die Aufgaben in der diesjährigen Mathe-Abiturprüfung den Bildungsstandards, die der Bildungsplan in Baden-Württemberg vorgibt.

Kultusministerin Eisenmann hat außerdem die Lehrkräfte explizit darum gebeten, dass sie den ihnen zur Verfügung stehenden pädagogischen Spielraum bei der Korrektur der Abiturprüfungen in diesem Jahr besonders ausnutzen.