Christie’s-Präsident Dirk Boll als Gast der „Stuttgarter Nachrichten“-Reihe „Über Kunst“ Foto: Steffen Schmid

Welche Kunst hat Karin von Maur, frühere Vizechefin der Staatsgalerie Stuttgart, privat gesammelt? Eine Online-Auktion bei Christie’s gibt Aufschluss. Start ist am 11. Mai. „Wir sind gespannt“, sagt Christie’s-Präsident Dirk Boll.

Stuttgart - Das weltweit agierende Auktionshaus Christie’s versteigert in einer online Auktion von 11. bis 25. Mai in Amsterdam 145 Werke aus der privaten Kunstsammlung der früheren Staatsgalerie-Vizedirektorin Karin von Maur (82). Warum lohnt sich das Dabeisein? Christie’s-Präsident Dirk Boll gibt Antworten.

Herr Boll, Karin von Maur war und ist das, was man eine wirkliche Persönlichkeit nennt. Wird das auch in Ihrem privaten Kunstinteresse spürbar?

Die Sammlung zeigt eine große Unabhängigkeit – Karin von Maur hat das 20. Jahrhundert sehr gesamthaft angeschaut und nicht schubladisiert. Ihre Werke reichen von wichtigen Positionen der Klassischen Moderne – allen voran der von ihr erforschte Oskar Schlemmer – bis hin zu Zeitgenossen, deren künstlerischer Ausdruck sie interessiert.

Mehr als Oskar Schlemmer

Karin von Maur hat immer einen sehr scharfen Blick auf die Kunst gehabt. So impulsiv sie war und ist, so unmissverständlich schloss sie doch auch aus ihrer Sicht Schnelllebiges aus. Ihre Entscheidung für Daniel Richter ist insofern nicht weniger ein Statement wie das erwartbare Interesse an Peter Roehr – oder?

Da stimme ich aus ganzem Herzen zu. Als stellvertretende Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart, einer der wichtigsten Institutionen Deutschlands, war Karin von Maur Teil des Kanonisierungsprozesses, ihre Arbeit wurde international wahrgenommen. Umso interessanter noch zu sehen, für welche Positionen sie sich in einem Maße begeistert, dass sie sich auch in ihrem persönlichen Umfeld mit den Werken umgeben wollte.

Versteigert werden nun einzelne Kunstwerke. Aber bei Karin von Maur würde man einen ganzen Kosmos von Informationen zu diesen KünstlerInnen vermuten. Dürfen Sie da etwas verraten?

Meine Kolleginnen und Kollegen haben Zeit mit der Sammlerin verbracht, um die Arbeiten zu kontextualisieren. Dies wird zum Teil auf unserer Webseite sichtbar werden, und auch in der Vortrags- und Gesprächsreihe, die wir geplant haben – notfalls online.

Seitenblicke zugelassen

Zwischen Hannah Höch, Marianne Werefkin und Daniel Richter liegen ganze Kunstwelten. Ist das vielleicht auch ein gar nicht so versteckter Aufruf, sich auch als SpezialistIn für das frühe 20. Jahrhundert stets wach zu halten, um so gerade im eigentlichen Fachgebiet Neues zu entdecken?

Das ist mit Sicherheit so. Karin von Maur war immer daran interessiert, wie sich zeitgenössisches Kunstschaffen vor dem Hintergrund der Moderne weiterentwickelt hat. Dabei war sie einerseits extrem konsequent, andererseits hat sie Seitenblicke zugelassen, beinahe spielerisch. Ihre Sammlung legt davon unterhaltsam Kenntnis ab.