Deutschland hat laut „Spiegel“ am Freitagmorgen erstmals seit der Machtübernahme der Taliban Personen nach Afghanistan abgeschoben.
Seit seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren hat Deutschland am Freitagmorgen wieder afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland abgeschoben. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. „Es handelte sich hierbei um afghanische Staatsangehörige, die sämtlich verurteilte Straftäter waren, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen.“ Alle Betroffenen sind Männer, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.
Das sächsische Innenministerium teilte mit, die Maschine sei am Freitagmorgen vom Flughafen Leipzig/Halle abgehoben. Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet. Der dpa wurden zudem „Spiegel“-Informationen bestätigt, wonach um 6.56 Uhr ein Charterjet von Qatar Airways von Leipzig aus in Richtung Kabul startete.
28 afghanische Straftäter abgeschoben
In der Boeing 787 sitzen demnach 28 afghanische Straftäter, die aus verschiedenen Bundesländern nach Leipzig gebracht worden sind. Organisiert worden sei die Aktion federführend vom Bundesinnenministerium. Verurteilte Straftäter sollen nach früheren Angaben vor einer möglichen Abschiebung einen Großteil ihrer Strafe hierzulande abgesessen haben.
Deutschland unterhält zu den Taliban-Machthabern in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim Ende Mai hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und auch Syrien wieder zu ermöglichen. Der Abschiebeflug startete nun zwar nur wenige Tage nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messerattentat von Solingen, hat aber einen deutlich längeren Vorlauf, hieß es aus Behördenkreisen. Der „Spiegel“ schrieb von zwei Monaten.
Recht sieht Ausschlussgründe für Schutz in Deutschland vor
Unter den Abgeschobenen sollen auch Gefährder sein, also Menschen, denen die Sicherheitsbehörden schwerste politisch motivierte Straftaten bis hin zum Anschlag zutrauen. Es ist denkbar, dass manche der abgeschobenen Straftäter zugleich als Gefährder gelten.
Nancy Faeser schrieb kommentierte die Abschiebung am am Freitagmorgen auf der Plattform X: „Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt.“ Die Innenministerin dankte der Bundespolizei und den Ländern für die enge Zusammenarbeit.
Insbesondere die Grünen und auch ihre Außenministerin Annalena Baerbock hatten sich bislang skeptisch gezeigt bei Abschiebungen nach Afghanistan und davor gewarnt, die islamistische Taliban-Regierung indirekt anzuerkennen. Baerbock hatte aber am Dienstag im RBB-Inforadio auch gesagt, bereits jetzt seien Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan vereinzelt machbar. „In Einzelfällen ist das dort möglich“, sagte sie. Es sei angesichts der dort herrschenden Regimes aber „offensichtlich nicht trivial“. Es sei zudem bereits Rechtslage, dass Straftäter und Gefährder keinen Schutzstatus bekämen oder ihn dann verlören und weggesperrt gehörten.
Das Asylrecht sieht Ausschlussgründe für Schutz in Deutschland vor, zum Beispiel Kriegsverbrechen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich in ihrem „Sicherheitspaket“ vorgenommen, diese Liste zu erweitern unter anderem um antisemitischen Straftaten.
Wenig Rechte für Frauen in Afghanistan
Seit August 2021 sind in Afghanistan wieder die islamistischen Taliban an der Macht, die international vor allem wegen ihrer massiven Beschneidung von Frauenrechten in Kritik stehen. Insgesamt ist es seit der erneuten Machtübernahme der Taliban zu einem deutlichen Rückgang der bewaffneten Auseinandersetzungen in dem Land gekommen, auch wenn es nach wie vor zu Anschlägen kommt. Die meisten reklamiert die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich, die mit den Taliban trotz ideologischer Nähe verfeindet ist. Vor allem Angehörige der schiitischen Minderheit in dem Land geraten immer wieder ins Visier des IS. Die Terrormiliz betrachtet Schiiten als Abtrünnige des Islams und verachtet sie.
Kritiker bemängeln unter der Taliban-Herrschaft ein hartes Vorgehen gegen Menschenrechtler, Demonstranten oder Journalisten, denen laut Menschenrechtsorganisationen Verhaftung, Verschwinden oder Folter drohen.