Maurice Kuhn beim Hamburger Dom. Foto: Kuhn

Maurice Kuhn liebt den Rummel so sehr, dass er jedes Wochenende auf einem anderen Festplatz ist. Unter den Namen Cool Kirmes berichtet er auf sozialen Netzwerken über seine Ausflüge.

Der Bruder war es. Er hat Maurice Kuhns (25) Liebe zum Rummel geweckt. Als Jugendlicher arbeitete er an seiner Karriere als Fußballer beim VfB. Und weil man da in jungen Jahren schon ziemlich oft übt, war Papa Kuhn als Chauffeur gefragt. Und Maurice war mit dabei. Doch was tun während des Trainings? Also schlenderten sie öfters über den Wasen, und Maurice Kuhn„war fasziniert“ vom Gewusel dort, wenn das Frühlingsfest oder das Volksfest aufgebaut wurde. Die Wohnwagen und die Sattelschlepper, die kreuz und quer fuhren, die Tonnen von Holz und Metall, aus denen wundersamerweise Zelte und Karussells wuchsen.

Die Suche nach der richtigen Perspektive Foto: Kuhn

„Das Volksfest habe ich dann zuhause mit Lego nachgebaut“, sagt Kuhn. Wir sitzen in der elterlichen Firma in Rommelshausen im Remstal, seinem Arbeitgeber. Kuhn erzählt, wie er zu Cool Kirmes wurde. So nennt er sich, wenn er in den Sozialen Netzwerken seine Videos zeigt. In denen er mittlerweile von fast allen großen Festplätzen der Republik seine Impressionen veröffentlicht hat. Mit besonderem Blick für die Fahrgeschäfte. Und das mittlerweile so professionell, dass sie in Nürnberg ein offizielles Werbevideo von Kuhn fürs dortige Volksfest bestellt haben.

Doch erst einmal ist Heimspiel. Cannstatter Volksfest. Natürlich ist er dann unterwegs, auch wenn er gerade nicht gut zu Fuß ist. Beim Kicken für die Spvgg Rommelshausen hat er sich das Kreuzband im Knie gerissen. Doch auf dem Wasen war er trotzdem, bei der Eröffnung im Dinkelacker-Festzelt war er geladen. Man kennt ihn. Mittlerweile gehört er zum Inventar, ist ein Schausteller ehrenhalber. Bei den Weebers geht er aus und ein, die Renoldis kennt er gut, bei der Familie Bruch hat er nicht nur Videos gedreht, beim Riesenrad auf dem Stuttgarter Schlossplatz saß er an der Kasse.

Maurice Kuhn bei der Arbeit.

Schaffen auf dem Rummel, das kennt er. Sein Vater hatte einst beim Volksfest Rudi Balloni angesprochen, und gefragt, ob Maurice helfen könne, Ballons zu verkaufen. Er konnte. Das war sein Einstieg. Seitdem tourt er über die Festplätze der Republik. „Mein ganzer Urlaub geht für die Kirmes drauf“, sagt er, „jedes Wochenende bin ich woanders.“ Regelmäßig fährt er zum Dom nach Hamburg, „dreimal im Jahr bin ich dort“, das sei seine Leidenschaft, „ich genieße das pure Leben auf dem Festplatz.“ Für ihn sei das eine Auszeit, „ich entspanne mich so“.

Stundenlang gefilmt für drei bis sechs Minuten lange Videos

Das einzufangen, anderen zu zeigen, ist seine Mission geworden. Auf nahezu jedem großen Rummel in Deutschland war er schon, in London beim Winterwonderland, wo er Hofnarr Luigi begegnet ist, der den Engländern vermeintliche deutsche Feierkultur nahebringt. Lederhosen, you know! Doch Kuhn fühlt sich nicht fürs „Zickezacke Zickezacke Hoihoihoi!“ zuständig. Er bewegt sich draußen. Gerne in drei Dimensionen. Auch mal über Kopf.

Aber bevor er Kamera und Foto auspackt, „gehe ich einmal über den Platz, mir einen Überblick verschaffe, um die beste Perspektive zu finden.“ Dann filmt er. Aus fünf Stunden Material werden am Ende drei bis sechs Minuten. In denen er nicht auftaucht. Anders als andere Influencer bleibt er im Hintergrund, verkauft keine Diäten, Topflappen, Fonds oder Resilienzkonzepte, sondern einfach Lebensfreude. Fahrgeschäfte bewegen sich, Musik und die Rufe der Rekommandeure vermischen sich zu jenem unverwechselbaren Kirmessound. „Es geht nicht um mich, es geht um das Thema!“

Kein Wunder, dass es ihm besonders bei der Allerheiligenkirmes in Soest gefallen hat. Da stehen 300 Schausteller mit ihren Geschäften in der Altstadt. „Da lebt die ganze Stadt das Fest.“ Auch beim Rosenheimer Herbstfest hat er sich wohlgefühlt, und wie gesagt in Hamburg. Tatsächlich war er noch nicht überall. Die heimische Kirbe in Rommelshausen ist ihm zu klein, nach Rosenheim und Straubingen möchte er noch. Derzeit ist er natürlich beim Volksfest. Wird das nicht langweilig im Laufe der Zeit? „Es gibt immer neue Eindrücke“, sagt er. Weil er so gut darin ist, sie festzuhalten, gibt es immer mehr Anfragen von Schaustellern, Fotos für die Webseiten oder Videos für die Bewerbung auf Festplätzen zu machen.

Doch vor allem dreht er für seine mittlerweile knapp 5000 Abonnenten. Und sich selbst. Sein Bruder kickt schon längst nicht mehr beim VfB. Maurice Kuhn hingegen ist immer noch auf Festplätzen unterwegs.