Es ist eine lieb gewonnene Tradition beim Volksfest. Seit jeher posieren die Brauereigespanne vor den Zelten. Dieses Jahr kommen die mächtigen Pferde nicht. Warum?
Der Schluckspecht hat die nächsten Tage Konjunktur, doch die Brauereipferde machen sich rar beim Volksfest. Für sie ist kein Platz mehr.
Die Besucher lieben die Pferde, die Kinder streichelten sie, wenn sie vor den Zelten von Dinkelacker und Hofbräu standen. Die Älteren fanden in den Kutschen beladen mit Bierfässern ein Fotomotiv, dass prima fürs Präsentieren auf Instagram und Facebook taugte: Ich bin auf dem Cannstatter Volksfest.
>>>Update: Mittlerweile hat sich die Lage geändert. Die Pferde dürfen nun doch auf den Wasen kommen. <<<
Vergangene Zeiten. Die Pferde bleiben auf der Alb und kommen nicht nach Stuttgart. Der Grund: Sie können nicht in ihre Ställe im Reitstadion am Wasen.
Marcus Christen von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart sagt: „Im Reitstadion hat die Stadt Flüchtlinge untergebracht. Dort haben wir dieses Jahr keinen Platz für die Pferde.“ Man habe sehr lange überlegt, ob eine andere Unterbringung möglich wäre.
Während der Coronajahre waren sie in der Schleyerhalle untergekommen. Durch das Reitturnier ist man dort ja gut gerüstet. Doch anders als während der Pandemie finden nun wieder zahlreiche Veranstaltungen statt: Diese Alternative fiel also auch aus. Also sei nichts anders übrig geblieben, als schweren Herzens dieses Jahr auf die Brauereigespanne zu verzichten. Doch es soll kein Abschied für immer sein: „Wir wollen diese Tradition im nächsten Jahr wieder aufleben lassen“, sagt Christen. So das Reitstadion wieder zur Verfügung steht. Das ist derzeit aber alles andere als gewiss.
Es ist der Tiefpunkt der ohnehin schon anknacksten Beziehung zwischen den stämmigen Gäulen und dem Volksfest. Die Tierschützer hatten diese Tradition immer wieder moniert, die Haltung der Pferde während des Volksfests beanstandet. Vor neun Jahren fanden sie Gehör. Die Tiere waren unweit der Brauereien untergebracht, standen in Boxen und waren angeleint. Während die Tierschutzorganisation Peta gesagt hatte, dies sei verboten, hatte das Veterinäramt der Stadt dies differenziert gesehen: „Verboten ist die ständige Ständerhaltung“, aber wenige Tage im Jahr seien hinnehmbar.
So sah es Landwirt, Pferdezüchter und Hobby-Bierkutscher Peter Müller: „Die 16 Tage hier in Stuttgart im Stall waren kein Problem für die Pferde. Die legen sich ohnehin nur eine Stunde hin. Ansonsten stehen sie und entlasten abwechselnd die Beine.“ Gleichwohl hatten Veterinäre, Pferdehalter und die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart eine andere Lösung gefunden. Am alten Ort war dies aber nicht möglich. Im Reitstadion wurden 18 Quadratmeter große Boxen für die Pferde aufgestellt.
Auch die Tour durch die Stadt gibt es nicht mehr
Das bedeutete aber auch: Die Pferde fuhren nicht mehr durch Stuttgart, so wie jahrzehntelang. Müller und seine Pferde zuckelten vom Stuttgarter Süden mit der vier Tonnen schweren Kutsche auf der Hauptstätter Straße durch die Innenstadt weiter zum Cannstatter Wasen und zurück. Gut 22 Kilometer waren sie unterwegs. „Den Tieren hat das gar nichts ausgemacht“, sagte Peter Müller damals, „für die sind vier Tonnen rollendes Gewicht fast gar nichts, und der Verkehr hat sie nie gestört.“
Die Kutschfahrt gibt es nicht mehr, nun verliert das Volksfest auch noch seine Brauereigespanne. Die Wirte vom Hofbräu-Zelt und Dinkelacker-Zelt, Marcel Benz und Werner Klauß, mochten die Nachricht gar nicht glauben und sagen unisono: „Da fällt mir wirklich nichts mehr dazu ein!“