Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: Ralf Bogen, Petra Olschowski (von links Foto: s/Andreas Engelhard

Der Stuttgarter Ralf Bogen hat das Bundesverdienstkreuz erhalten. Seit Jahrzehnten engagiert er sich für die Rechte von Schwulen und Lesben, hat die Schicksale der von den Nazis verfolgten und ermordeten Menschen recherchiert und ins Bewusstsein gebracht und beim Entstehen des Gedenkortes Hotel Silber maßgeblich mitgewirkt.

„Ich habe es mir auch nicht ausgesucht, schwul zu sein. Ich hab‘ einfach Glück gehabt.“ Man stutzt bei diesem Satz. Und genau deshalb hat ihn Ralf Bogen auch gesagt bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Die Vorurteile verschwinden nicht so schnell, sie sind präsent, mal mehr, mal weniger. Schwulsein, ist das Glück haben? Über Jahrhunderte hinweg wurde gleichgeschlechtliche Liebende verfolgt, verprügelt, ausgegrenzt. Ralf Bogen hat das selbst noch leidvoll erlebt. Als Aids wütete, der „Spiegel " von der „Homosexuellen-Seuche“ schrieb. Der Verlagsangestellte gründete die Zeitschrift der Aids-Hilfe Stuttgart „Rainbow“ 1989 mit. Seit 2009 recherchiert er und schreibt er über die Verfolgung und Diskriminierung vornehmlich in der NS-Zeit. Schicksale von Opfern der Nazis haben er und seine Mitstreiter mit ihrem Projekt „der Liebe wegen“ recherchiert und dokumentiert. Von den 251 Männern mit Bezug zu Baden und Württemberg haben 75 ihre KZ-Haft nicht überlebt.

Beispielhaftes Engagement

Im Hotel Silber in der Stuttgarter Innenstadt, dem ehemaligen Sitz der Gestapo, bündeln sich diese Geschichten. Für diesen Gedenkort hat der 60-jährige Bogen gekämpft, seit 2012 sitzt er im Vorstand. Ralf Bogens Engagement sei beispielhaft, sagte Staatssekretärin Petra Olschowski bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, „er verbindet den Blick in die Vergangenheit mit einem Appell an die Gegenwart und sensibilisiert so die Gesellschaft.“

Das Hotel Silber als Symbol für die Verfolgung

Auch dafür, dass die Verfolgung keineswegs mit den Nazis endete. Das Symbol für die Jahre nach dem Krieg ist auch das Hotel Silber. Dort hatte die Gestapo Schwule verprügelt und inhaftiert, dort schikanierte die bundesdeutsche Polizei und Justiz nach dem Krieg Schwule. 20 000 Männer wurden in Baden-Württemberg verhört, 7000 kamen in den Knast. Man kann die Moral jener Jahre so zusammenfassen: Männer, die Männer küssten kamen ins Gefängnis, Männer, die ihre Ehefrauen vergewaltigten, durften dies von Rechts wegen. 1994 schaffte man den Paragrafen 175 ab, der „Unzucht zwischen Männern“ unter Strafe stellte. 1997 wurde die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. Und heute? Ist es da egal, ob man Männlein oder Weiblein liebt? Aber warum stutzen wir dann immer noch bei Bogens Satz: „Ich habe es mir auch nicht ausgesucht, schwul zu sein. Ich hab‘ einfach Glück gehabt.“