In etwa 300 Berliner Stimmbezirken muss die Bundestagswahl nach Meinung der Ampel-Koalition wiederholt werden. Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Die Ampel-Koalition will eine Wiederholung der Bundestagswahl in rund 300 von etwa 2300 Berliner Stimmbezirken.

Eine Wiederholung der Bundestagswahl ist wegen zahlreicher organisatorischer Pannen nach Ansicht der Ampel-Koalition in etwa 300 von knapp 2300 Berliner Stimmbezirken nötig. Wie der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner am Dienstag sagte, beziehe sich dies ausschließlich auf die Zweitstimmen. Fechner schickte demnach einen entsprechenden Vorschlag der Ampel-Vertreter im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags am Nachmittag an die Vorsitzende Daniela Ludwig (CSU). Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags soll noch im Oktober über einen entsprechenden Vorschlag abstimmen. Dort haben die Ampel-Vertreter die Mehrheit.

Die Ampel-Vertreter im Ausschuss hatten auf Grundlage der Verhandlung des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom vergangenen Mittwoch nochmals über die Konsequenzen für die Bundestagswahl beraten. Das Berliner Gericht hatte sich ausschließlich mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksversammlungen befasst. Es traf zwar noch keine Entscheidung, ließ aber erkennen, dass es zu einer vollständigen Wiederholung dieser beiden Wahlen tendiert. Für die Überprüfung der Bundestagswahl, die am selben Tag abgehalten wurde, ist der Bundestag zuständig.

Fechner: Wahlfehler nicht in jedem Wahlkreis

„Das Berliner Verfassungsgericht hat uns darin bestärkt, Neuwahlen dort durchzuführen, wo Wahlfehler geschehen sind“, sagte Fechner AFP. „Anders als das Berliner Verfassungsgericht sehen wir wie der Bundeswahlleiter die Wahlfehler aber nicht in jedem Wahlkreis.“

Die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses im Bundestag, Daniela Ludwig (CSU), kritisierte die Ampel-Pläne, die Bundestagswahl in Berlin nicht vollumfänglich zu wiederholen. „Es geht darum, das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herzustellen“, sagte sie den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Mittwochausgaben). „Wir müssen den Menschen die Sicherheit geben, dass solche Pannen nicht wieder passieren. Wenn man nun wie die Ampel versucht, die Eingriffe so weit wie möglich runterzuminimieren, bleibt beim Wähler der Eindruck hängen, dass uns die demokratische Wahl nicht so wichtig ist. Das ist fatal.“

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wollte den Ampel-Plan für den Umgang mit der Bundestagswahl nicht inhaltlich bewerten. Ihre Regierung werde mit den letztlich getroffenen Entscheidungen aber „professionell umgehen“, sagte sie im Fernsehsender Welt. „Und deswegen ist unsere Aufgabe in Berlin jetzt das vorzubereiten, was erforderlich ist, damit das reibungslos verläuft.“

Zahlreiche Pannen in der Hauptstadt

Die Wahlen im September 2021 hatten am gleichen Tag wie der Berlin-Marathon stattgefunden. In der Hauptstadt gab es zahlreiche Pannen - etwa fehlende Stimmzettel, lange Warteschlangen oder zwischenzeitlich geschlossene Wahllokale.

Da die Ampel-Koalition im Wahlprüfungsausschuss die Mehrheit stellt, ist aber davon auszugehen, dass der von Fechner übermittelte Vorschlag im Oktober von dem Gremium beschlossen wird. Es handelt sich dabei um eine Beschlussvorlage, über die dann noch das Parlament insgesamt abstimmen muss. Dann wäre der Weg frei für eine teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin. Gegen den Bundestagsbeschluss kann allerdings noch Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden.

Einsprüche gegen Ergebnis

Insbesondere von Bundeswahlleiter Georg Thiel hatte es nach der Wahl Einsprüche gegen das Ergebnis gegeben. Er sah die Vorfälle in knapp 340 Stimmbezirken als gravierend an und forderte eine Wiederholung der Wahl in sechs von zwölf Berliner Wahlkreisen.

Der SPD-Politiker Fechner regte unterdessen an, die Regeln für die Überprüfung der Bundestagswahl zu ändern. Es liege nahe, die Prüfung durch den Bundestag selbst „abzuschaffen und die Überprüfung von Einsprüchen gegen die Bundestagswahl allein dem Bundesverfassungsgericht zu übertragen“, sagte er AFP. Fechner verwies darauf, dass mit dem jetzigen Verfahren „Bundestagsabgeordnete über ihre eigene Zukunft und Mandate ihrer Kollegen“ entschieden. Dies könne „zu Interessenkonflikten führen.“