Über Monate stritt die Ampelkoalition über das Gebäudeenergiegesetz. Jetzt wurde es vom Bundestag verabschiedet – nach einer Sitzung voller Vorwürfe und Zwischenrufe.
Katharina Dröge spricht lauter als sonst. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen klingt nicht wütend, sie hebt nur deutlich die Stimme, als sie sagt: „Ich bin sehr froh darüber, dass wir beschlossen haben, dass dieser Weg ein sozialer Weg sein wird.“ Sie wirkt, als sei sie darauf vorbereitet, andere übertönen zu müssen. Und zwar zu Recht – denn es ist eine laute Debatte mit vielen Zwischenrufen, bei der sie da gerade als erste Rednerin spricht.
Es ist das Finale eines schwierigen Prozesses: dem Kampf um das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das der Bundestag am Freitag nach monatelangem Streit beschlossen hat. Das Gesetz sieht vor, dass ab Januar 2024 nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Es gibt allerdings zahlreiche Ausnahme, erst mal wird die Regelung nur in Neubauten gelten.
Ein unfertiger Gesetzentwurf
Bis sich die Ampelregierung darauf einigen konnte, vergingen Monate. Vor allem FDP und Grüne verhakten sich im Streit miteinander. Noch unfertig wurde der erste Entwurf an die Presse durchgestochen, zum Ärger des zuständigen Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne). Das Papier war noch unausgegoren. Wie man den Heizungstausch sozial verträglich abfangen sollte, hatte man sich im Ministerium noch nicht überlegt. Der FDP waren die Regeln ohnehin zu eng, zu einseitig, zu wärmepumpig. Sie setzte alles daran, die Vorgaben zu weiten – teilweise bis an den Rand der Sinnhaftigkeit.
Eigentlich wollte die Regierung das Gesetz noch in der letzten Sitzungswoche beschließen. Doch als sie sich endlich einig war, klagte der Unionsabgeordnete Thomas Heilmann beim Verfassungsgericht gegen den Termin zur Verabschiedung des Gesetzes. Die Abgeordneten hätten nicht ausreichend Zeit gehabt, um die finale Fassung zu beraten. Er bekam recht. Deshalb also jetzt.
Heilmann als Debattenführer
Heilmann ist es dann auch, der in der Debatte am häufigsten das Wort ergreift. Als der SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Union vorwirft, trotz des verschobenen Termins keinen Vorschlag zur Verbesserung des Gesetzes gemacht zu haben, hält Heilmann dagegen. „Ich habe diese Vorschläge erarbeitet“, betont er. Es habe aber keine Ausschusssitzung gegeben, um die Ideen einzubringen.
Ohnehin geht es in der Debatte selten um das Gesetz selbst. Sowohl die Union als auch die Regierungsfraktionen beschäftigen sich immer wieder mit der Frage, wer hier nun wie rechtmäßig gehandelt habe. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wirft der Koalition eine „Missachtung des Parlaments und des Bundesverfassungsgerichts“, sogar „aller Bürgerinnen und Bürger“ vor.
Keine Änderungsanträge eingereicht
Dagegen verteidigen sich die Ampelparteien. Immer wieder erinnern die Abgeordneten daran, dass die Union auch Änderungsanträge für die Debatte hätte einreichen können. Die würden doch ohnehin abgelehnt, betont dann mal wieder Heilmann. Dem hält der FDP-Fraktionsvize Christian Dürr entgegen, dass er das als Abgeordneter in der Opposition über viele Jahre selbst erlebt hätte: „Aber als Opposition muss man trotzdem arbeiten!“
Eine der wenigen inhaltlichen Reden kommt von Robert Habeck selbst. Der Wirtschaftsminister verfolgt die Debatte von der Regierungsbank aus. Als er selbst am Redepult steht, spricht er ruhig, fast zu leise. Er konzentriert sich darauf, das Gesetz zu verteidigen – korrigiert die maximale Höhe der geplanten Förderung und rechtfertigt die Werte, die bei Berechnungen verwendet wurden. Es ist ein sachlicher, aber kein mitreißender Beitrag. In Erinnerung bleibt wohl nur ein Satz, mit dem Habeck eine Zwischenfrage der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch ablehnt: „Jemand, der den Klimawandel leugnet, sollte in der Debatte schweigen.“
„Über die soziale Gerechtigkeit nicht schweigen“
Die stärkste Rede hält an diesem Nachmittag der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er spricht über den Mieterschutz und betont, dass dieser dank der Deckelung der Modernisierungsumlage gewahrt bleibe. „Wer vom Klima spricht, der darf über die soziale Gerechtigkeit nicht schweigen“, sagt Kühnert – ein Satz, den wohl auch die Grünen aus der Debatte mitnehmen werden.
Kurze Zeit später beschließt der Bundestag das Gebäudeenergiegesetz. Am 1. Januar sollen die neuen Regelungen in Kraft treten.