Sie hatte ihn hart kritisiert, am Freitag lobte Marie-Agnes Strack-Zimmermann anders als manche FDP-Parteifreunde den Auftritt von Olaf Scholz. Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Verteidigungsausschuss hat der Kanzler sein nächstes Gespräch mit Wladimir Putin angekündigt. Der Ampelstreit um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sollte endgültig begraben werden – doch es kam etwas anders.

Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung, die Marie-Agnes-Strack-Zimmermann mit Olaf Scholz hatte, klang es ein wenig wie eine Vorladung. Mit etwas zeitlicher Verzögerung – die von der Verteidigungsausschussvorsitzenden geforderte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ist mittlerweile auch Position des Kanzlers – kam dieser nun am Freitagmorgen in eine eigens anberaumte Sitzung des Gremiums. Das hätte theoretisch der Schlussstrich unter den ersten großen Streit der seit Dezember amtierenden Ampelregierung sein können, in dessen Verlauf auch Strack-Zimmermann öffentlich Scholz’ Führungsstärke in Zweifel gezogen hatte – war es aber nicht.

Dabei hatte der Regierungschef in der nicht-öffentlichen Sitzung durchaus einige relevante Ansagen zu machen in dieser hochgefährlichen Zeit des Russland-Ukraine Krieges. „Hauptnachricht dieses Tages ist für mich, dass der Kanzler die Ukraine bis zum Ende des Krieges mit schweren Waffen unterstützen wird, Marder im Augenblick nicht anstehen, aber auch nicht ausgeschlossen werden, und Olaf Scholz wieder das Gespräch mit Putin sucht“, berichtete Strack-Zimmermann im Anschluss unserer Zeitung. Tatsächlich veröffentlichte die Bundesregierung wenige Stunden später eine Erklärung, wonach Scholz im Anschluss an die Ausschusssitzung ein 75-minütiges Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin geführt und darauf gedrängt habe, „dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand, zu einer Verbesserung der humanitären Lage und zu Fortschritten bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts kommt“. Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat Scholz in dem Telefonat auch den russischen Vorwurf zurückgewiesen, dass Nazismus in der Ukraine verbreitet sei.

Trotzdem waren in Berlin parteipolitische Nickligkeiten Thema, die wahlweise als „Eklat“ oder als „Sturm im Wasserglas“ gewertet wurden. Aber was war passiert?

Grüne finden die Aktion der FDP peinlich

Kurz vor Ende des Sitzung verließen mehrere FDP-Abgeordnete die Ausschusssitzung. „Leider wurden viele Antworten nicht gegeben“, schrieb Marcus Faber auf Twitter, der sich enttäuscht darüber zeigte, dass Scholz konkreten Fragen zum Sachstand etwa der angekündigten Lieferung von Gepard-Flugabwehrpanzern in die Ukraine ausgewichen war und stattdessen lieber über die globale Lage und die Rolle Chinas in dem Konflikt sprach. Andere Liberale verließen ebenfalls den Saal – aus Protest gegen den eigenen Ampel-Regierungschef? Der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn jedenfalls sieht darin einen „unglaublichen Vorgang“. Und auch Agnieszka Brugger vom grünen Koalitionspartner ist sichtlich verärgert: „Die Aktion der FDP war peinlich.“

Anders als der Oppositionspolitiker Hahn sieht sie freilich kein Versäumnis bei Scholz: „Nachdem wir Grünen einmal mit einer Klage gegen Schwarz-Gelb vor dem Verfassungsgericht gescheitert sind, müsste eigentlich klar sein, dass auch ein Kanzler gar nicht vorab über Entscheidungen im Bundessicherheitsrat informieren darf.“ Das Argument der Geheimhaltungspflicht lässt Hahn in diesem Fall nicht gelten: „Die Bundesregierung hat die Lieferung von Gepard-Panzern schließlich schon angekündigt, das Parlament darf Auskunft darüber erwarten, was daraus geworden ist.“

Die liberale Ausschussvorsitzende in heikler Lage

In einer etwas heiklen Lage findet sich die Gremiumsvorsitzende Strack-Zimmermann wieder, weil es ihre Parteifreunde waren, die den Saal verlassen haben. Sie betonte gegenüber unserer Zeitung die Bedeutung des inhaltlichen Austauschs mit dem Kanzler, der zudem sein erneutes Kommen zugesagt habe, äußerte sich aber auch zu den eigenen Fraktionskollegen: „Die letzten fünf Minuten dieser wichtigen Sitzung sind der Aufregung nicht wert: Alexander Müller hatte um 9 Uhr einen Anschlusstermin. Kollege Faber war offensichtlich nicht zufrieden damit, dass seine Frage nicht beantwortet worden ist. Das war auf Grund der Zeit erschöpfend nicht möglich .“

Den späteren Beteuerungen Fabers, niemand habe eine Protestnote abgegeben, er habe lediglich nach Ende der offiziellen Sitzungszeit den Raum verlassen und das tatsächliche Ende einige Minuten später nicht abwarten können, schenkt der Oppositionsmann Hahn keinen rechten Glauben. Er vermutet vielmehr ein abgekartetes Spiel: „Ich frage mich, ob es der FDP von Anfang an darum ging, den Kanzler zu düpieren: Erst lädt ihre Ausschussvorsitzende ohne Rücksprache mit den Obleuten der anderen Parteien Olaf Scholz ein, dann verlassen ihre Abgeordneten unter Protest den Raum.“

Ergebnis jedenfalls war, dass in Berlin mindestens so viel über möglicherweise anhaltende Ampelstörungen diskutiert wurde wie über die neue diplomatische Initiative des Kanzlers gegenüber dem Kreml.