Das Unternehmen Stuttgart Netze reklamiert weitere Stromnetze und Gasleitungen in der Stadt für sich. Abgeben müsste sie das EnBW-Unternehmen Netze BW. Foto: dpa/Jens Büttner

Die Landeshauptstadt und das Unternehmen Energie Baden-Württemberg (EnBW) treffen sich öfter vor Gericht. In Karlsruhe könnte der Rechtsstreit um Strom- und Gasnetze ein Ende finden.

Stuttgart. - Die Landeshauptstadt und ihr Tochterunternehmen Stuttgart Netze liegen mit der Energie Baden-Württemberg (EnBW) seit mehreren Jahren bei etlichen Themen im Clinch. Der Bundesgerichtshof läutet an diesem Dienstag zur Frage, wem die Hochspannungs- und Gas-Hochdrucknetze auf dem Stadtgebiet gehören, die letzte Runde ein.

Lässt man die Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Stuttgart Revue passieren, scheint die Entscheidung der letzten Instanz vorhersehbar: Die EnBW-Tochter Netze BW muss Leitungen und Anlagen an Netze Stuttgart abgeben. Diese neue städtische Gesellschaft hatte 2014 vom Gemeinderat den Zuschlag für die Konzession erhalten, sie läuft bis 2034. So gelangte das 5400 Kilometer lange Stromnetz und das Gasnetz in neue Hände. Pikanterweise hält der Altkonzessionär Netze BW 25,1 Prozent am neuen Unternehmen.

Durchleitungsgebühr interessant

Beim Rechtsstreit um die Eigentumsverhältnisse geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag und um ansehnliche Erlöse, denn für jede Kilowattstunde muss eine Netznutzungsgebühr entrichtet werden. Doch auch die Trennung der Netze kostet: Bis zu 15 Millionen Euro stehen beim Thema Gas in Rede, denn die Hochdruckleitungen schlängeln sich mehrfach über die Stadtgrenze und retour. Zur klaren Abgrenzung braucht es neue technische Anlagen.

Von der juristischen Auseinandersetzung soll der Endkunde im besten Fall nichts mitbekommen. Eine hohe Versorgungssicherheit für Bürger, Gewerbe und Industrie bleibe das wichtigste Ziel der Stuttgart Netze, hatte Stadtwerke-Geschäftsführer Olaf Kieser im Januar 2019 versprochen. Damals erhielten die Stadtwerke die Mehrheit (74,9 Prozent) auch an der Betriebsgesellschaft. Den Schwur auf die Versorgungssicherheit kann auch die EnBW leisten.

Reihe von Verfahren

Die Entscheidung über die Strom- und Gasnetze ist die erste in einer ganzen Reihe gerichtlicher Auseinandersetzungen. Festgefahren haben sich die Streitparteien bei der Wasserversorgung. Die Stadt pocht auf die Herausgabe aller Versorgungseinrichtungen und will dafür bis zu 190,3 Millionen Euro zahlen, die EnBW erwartet 480, das Landgericht rät zu 348 Millionen (die Stadt würde über bis zu 290 Millionen verhandeln). Irgendwann muss der Richter hier ein Urteil schreiben, dann folgt die nächste Instanz. Beim Streit um die Anrechnung von Löschwasserkosten steht der EnBW nach der jüngsten Runde offenbar Geld zu, beim Streit um die Herausgabe des Fernwärmenetzes hat die Stadt eine Klageabweisung kassiert und ist dagegen in Berufung gegangen.