Selcuk Gök heißt der strahlende Sieger in Tengen. Foto: privat

Die Stadt Tengen wählt erneut einen Jungspund in ihr Rathaus. Will der 26-jährige Selcuk Gök jetzt auch OB in Stuttgart werden, wie schon sein Vorgänger Marian Schreier?

In Tengen haben sie offenbar eine Vorliebe für junges Rathauspersonal. Vor acht Jahren kürten die Wähler der Kleinstadt am Randen im Kreis Konstanz den damals 25-jährigen Marian Schreier zu Deutschlands jüngstem Bürgermeister. Sein am Sonntag gewählter Nachfolger ist jetzt nur wenig älter.

Der 26 Jahre alte Selcuk Gök konnte sich am Sonntag gegen sieben Mitbewerber durchsetzen. Mit 50,3 Prozent erzielte er die absolute Mehrheit, obwohl dies im zweiten Wahlgang nicht mehr notwendig gewesen wäre. Wie schon Schreier ist auch Gök SPD-Mitglied. In Brühl (Rhein-Neckar-Kreis), bekannt als Heimatgemeinde der Tennislegende Steffi Graf, ist Gök Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion.

Die Wähler sind mit der Auswahl unzufrieden

Der Bürgermeister von Tengens Nachbarstadt Engen, Johannes Moser, sprach in seiner Gratulation von einem „ wahren Husarenstück“, das Gök gelungen sei. Der Verlauf des Wahlkampfs war tatsächlich kurios. Schreier, der 2021 bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart im zweiten Wahlgang knapp dem heutigen Amtsinhaber Frank Nopper (CDU) unterlegen war, hatte schon vor einem Jahr angekündigt, in Tengen nach einer Wahlperiode nicht weitermachen, sondern sich neuen Herausforderungen zuwenden zu wollen. Daraufhin hatten sich für den ersten Wahlgang immerhin fünf Kandidaten gemeldet.

Die Auswahl konnte die Bevölkerung aber offenbar nicht überzeugen. Vor allem fehlten Bewerber mit Verwaltungserfahrung. Der Erstplatzierte Sven Müller, ein 27 Jahre alter Prozessoptimierer, scheiterte mit 47,1 Prozent zwar relativ knapp an der im ersten Wahlgang erforderlichen absoluten Mehrheit. Allerdings hatte jeder dritte Wähler im freien Feld einen Namen notiert und damit den offiziellen Kandidaten eine Absage erteilt.

Die Konkurrenz wächst

Gök, der als Fachangestellter für Arbeitsdienstleistungen bei der Arbeitsagentur arbeitet, stieg erst zum zweiten Wahlgang ein. Er habe Tengen schon länger im Auge gehabt – gar nicht so sehr wegen Schreier, sondern wegen der dortigen innovativen Projekte in den Bereichen erneuerbare Energien und Bürgerbeteiligung. Ein Todesfall in seiner Brühler Gemeinderatsfraktion habe dann aber den Einstieg in den Wahlkampf zunächst verhindert.

Im zweiten Wahlgang wagte er es dann aber doch. Gleichzeitig meldeten sich auch ein amtierender Gemeinderat der Tengener Freien Wähler und eine ehemalige CDU-Gemeinderätin, sodass letztlich sogar acht Namen auf dem Wahlzettel standen. Letztlich blieben die Neu- und Altkandidaten gegen Gök aber ohne Chancen. Der Sieger des ersten Wahlgangs, Sven Müller, kam mit 24,7 Prozent noch auf Platz zwei.

Was ihn vom Vorgänger unterscheidet

Gök ist in Mannheim geboren und hat dort auch einen Teil seiner Kindheit und Jugend verbracht. Später zog die Familie nach Brühl, wo die Mutter ein Kosmetikstudio betreibt. Den Wahltermin für die nächste Stuttgarter OB-Wahl habe er sich noch nicht herausgesucht, sagte Gök – und er habe es auch nicht vor. Auch länger als acht Jahre in Tengen zu bleiben, könne er sich gut vorstellen – allerdings wohl nicht ganz so lange wie Schreiers Vorgänger Helmut Groß. Der blieb 43 Jahre, nachdem er ebenfalls blutjung – mit 25 – ins Amt gekommen war.

Göks Migrationshintergrund – bei Rathauschefs in Baden-Württemberg immer noch eine Ausnahme – spielte im Wahlkampf kein Rolle. In einem ist er auf jeden Fall besser auf das ländliche Tengen vorbereitet als sein Vorgänger Schreier. Der hatte nach seinem Amtsantritt erst einmal den Führerschein machen müssen, um in alle Teilorte zu kommen. Gök kann schon fahren, seit er 17 ist. Die Region zwischen Mannheim und Heidelberg sei auch eher ländlich geprägt, sagt der 26-Jährige. „Da bin ich auf ein Auto angewiesen gewesen.“